Virtual Reality in der Hochschullehre
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Virtual Reality im Unterricht: Von aussen in den Körper schauen, die Lage der Organe betrachten. Dies wird durch immersive Technologien möglich. Was verbirgt sich dahinter? Wie können sie im klinischen Unterricht genutzt werden? Aktuelle Fragen, die auch in der Lehre einer Hochschule Thema sind.
Immer mehr Pflegefachpersonen sind in der Lage, den Gesundheitszustand von alten und pflegebedürftigen Menschen mithilfe des klinischen Assessments einzuschätzen. So hat es sich in den letzten Jahren etabliert, Patientinnen und Patienten systematisch und strukturiert pflegerisch zu untersuchen. Diese Fähigkeit wird meist in einem Pflegestudium an einer Hochschule erworben und mit Mentorinnen und Mentoren in der Praxis vertieft.
Ziel des klinischen Assessments ist es, der Situation angemessene Daten von den Betroffenen und ihrem Umfeld zu sammeln, um das pflegerische Handeln – und damit auch die Pflegeplanung – fundiert abstützen zu können (Steudter et al., 2015).
Fachwissen kombinieren und vernetzt denken
Soll das klinische Assessment einen tatsächlichen Mehrwert für die Praxis haben, müssen verschiedene Wissenselemente zusammengebracht und kombiniert werden. Fundierte anatomische, physiologische und pathophysiologische Kenntnisse sind unabdingbare Voraussetzung, um die gesammelten Informationen richtig zu verstehen und zu interpretieren. So können Pflegefachkräfte Abweichungen vom Normalzustand frühzeitig erkennen.
Indem sogenannte immersive Technologien, z. B. durch Applikationen der Augmented Reality oder der Virtual Reality, im Unterricht eingesetzt werden, können anatomische Grundlagen, physiologische Vorgänge und pathophysiologische Veränderungen nicht wie bisher linear (hintereinandergeschaltet) gelehrt und gelernt, sondern übereinandergelegt und so gleichzeitig im Lernprozess genutzt werden.
Augmented versus Virtual Reality
Augmented Reality (AR) lässt sich mit erweiterter Realität umschreiben. Dies bedeutet, dass mittels technischer Hilfsmittel Simulationen in die vorhandene Umgebung projiziert werden. Die Anwenderinnen und Anwender sehen ihre analoge Umgebung mit erweiterten digitalen Elementen. So sieht man z. B. den realen Körper der Patientin oder des Patienten plus das digital projizierte Herz auf dem Brustkorb.
Virtual Reality (VR) hingegen schafft vereinfacht ausgedrückt vollständig digitale Räume, in die sich die Anwenderinnen und Anwender begeben. Dadurch kann eine neue Umgebung digital nachgebildet werden, z. B. ein Operationssaal oder das Innere eines Rettungswagens.
Simulationen helfen beim klinischen Untersuch
Ein wichtiger Teil des klinischen Assessments ist die Untersuchung des menschlichen Körpers. Gefragt sind praktische Fähigkeiten, die durch stetiges Üben erworben und gefestigt werden. Es gilt, die Organe, z. B. Herz und Lunge, abzuhören (Auskultation), den Körper auf sichtbare Veränderungen anzusehen (Inspektion), abzutasten (Palpation) und zu beklopfen (Perkussion).
Wie aber orientiert man sich im Körper, wenn man nur die äussere Hülle sieht? Wie kann man sicher sein, die richtigen Auskultationspunkte, z. B. am Herz, zu treffen?
Um Studierende dabei zu unterstützen, können computergestützte Simulationen der Augmented Reality im Unterricht helfen. Mittels eines Computerprogrammes, QR-Markern und speziellen Brillen können Organe aussen auf den realen Körper der Studierenden oder auf Puppen projiziert werden. Durch die Brille sehen die Lernenden dann den Körper mit dem digital erzeugten inneren Organ, dessen Grösse und Lage. Mit einem entsprechenden Programm können auch Röntgen- oder Ultraschallbilder zugeschaltet werden. Es entstehen mehrdimensionale Eindrücke der Organe, die den Studierenden helfen, sich das Innere besser vorzustellen. So können sie sicherer auskultieren.
Technische Möglichkeiten sinnvoll einsetzen
Verschiedene Untersuchungen zeigen den Nutzen von immersiven Techniken in der Hochschullehre von Pflegewissenschaft und Medizin (vgl. Bork et al., 2020; Dhar et al. 2021). Dennoch gilt es, die neuen Möglichkeiten gezielt einzusetzen und in bestehende Lehr-/Lernarrangements zu integrieren. Wenn Hochschullehrende die konventionell-praktische Anleitung und die digital-spielerischen Applikationen im Unterricht des klinischen Assessments kombinieren, ist das für Studierende fördernd und bereichernd.
Weitere Informationen
Im Rahmen des international angelegten und von der EU geförderten Projektes CareTrain bietet die Careum Hochschule Gesundheit ab 2022 ihren Studierenden im Modul Klinisches Assessment Geriatric Care die neuen technischen Möglichkeiten an. Und unterstützt sie so in der Lehre.
CareTrain
Präsentation des Projekts im Rahmen vom Careum Forum 2021
Mehr zu VR/AR im Gesundheitswesen
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Literatur
- Bork, F., Lehner, A., Eck, U., Navab, N., Waschke, J. & Kugelmann, D. (2020). The Effectiveness of Collaborative Augmented Reality in Gross Anatomy Teaching: A Quantitative and Qualitative Pilot Study. Anatomical Sciences Education, 0:1–15. Abstract
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Dhar, P., Rocks, T., Samarasinghe, R.M., Stephenson, G. & Smith, C. (2021). Augmented reality in medical education: students’ experiences and learning outcomes. Medical Education Online. 26:1–9. Abstract
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Steudter, E., Knüppel Lauener, S., Pillar, M.-T., Schrimpt, M. & Zweifel, A. (2015). Stärkung der Pflege im multiprofessionellen Behandlungsteam. Krankenpflege, 1: 14–16. PDF
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- Welche Erfahrungen konnten Sie bereits mit Augmented und Virtual Reality sammeln?
- Wo sehen Sie den Nutzen digitaler Möglichkeiten in der klinischen Lehre
- Wie kann sich Pflege mit den digitalen Möglichkeiten weiterentwickeln?
Kommentare
Christian Braunschweiger
04.11.2021Guten Tag
Ich sehe das als eine grossartige Möglichkeit zu lehren. Leider konnte ich noch keine Erfahrungen sammeln mit VR/AR. In Zukunft wenn die Pflege auch immer mehr klinisches Assessment durchführen wird, ist das ein sehr gutes Hilfsmittel. Es geht doch immer auch um die Vorstellungskraft. Dies kann in höchstem Masse gefördert werden und so den eigenen Konstruktivismus anregen. Und in der Praxis kann dadurch eine Qualität erzeugt werden, welche durch das VR/AR gefördert wird. Ich finde das eine gute Sache und hoffe es hält bald überall Einzug, damit die Pflege ihre Professionalität noch mehr ausleben kann.
Freundliche Grüsse Christian Braunschweiger
Elke Steudter
05.11.2021Guten Tag Herr Braunschweiger
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Pflege und Pflegelehre werden sich zukünftig durch die neuen technisch-digitalen Möglichkeiten weiter verändern. Schön, wenn Pflegende und Verantwortliche dieser Entwicklung so aufgeschlossen gegenüberstehen. Vielleicht haben Sie ja einmal die Gelegenheit, eine pflegeorientierte AR-Anwendung auszuprobieren. Am vergangenen Onkologiekongress in St. Gallen Anfang September konnte die Projektgruppe die AR-Möglichkeiten an der Puppe schon mal zeigen.
Mit freundlichem Gruss
Elke Steudter
Julian Ehrenstrasser
22.12.2021Hallo Frau Steudter,
Vielen Dank für den Überblick von AR und VR, vor allem in Bezug auf die Pflegeausbildung. Ich finde es interessant, dass diese Technologie nun auch außerhalb von Spieleindustrie und Early-Adopters Anwendung findet, insbesondere da es in sehr viel anderen Bereichen einen gesellschaftlichen Mehrwert bieten kann.
Dieser Mehrwert wurde bereits sehr schön beschrieben, ich möchte allerdings zwei Punkte ergänzen: VR und AR bietet nicht nur die Möglichkeit, die praktischen und theoretischen Lehrinhalte parallel zu vermitteln, sondern außerdem noch eine Art virtuelle Spielwiese, in der ausprobiert werden kann, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen. Dadurch gehen wir einen großen Schritt in Richtung angstfreie Lernumgebung. Und schließlich wird auch die Zugänglichkeit und die Vergleichbarkeit der Szenarien gesteigert, indem im Unterricht nicht auf Schauspielpatient*innen zurückgegriffen werden muss. Auch dieser Aspekt ist vor allem im Rahmen der Ausbildung sehr förderlich.
Ich bin gespannt, was in diesem Bereich noch möglich ist.
Beste Grüße,
Julian Ehrenstrasser
Elke Steudter
22.12.2021Guten Tag Herr Ehrenstrasser
Vielen Dank für Ihre Ausführungen, in denen Sie zu Recht auf weitere Aspekte in der Anwendung der immersiven Technologien und ihren Möglichkeiten hinweisen. An der CHG freuen wir uns, die Anwendung in den Unterricht im Clinical Asssessment zu integrieren, auf die zukünftigen Einsatzmöglichkeiten und den Mehrwert, der sich in der Lehre dadurch wahrscheinlich ergibt. So wie Sie es ergänzt haben. Dies werden die nächsten Wochen zeigen.
Mit freundlichen Grüssen
Elke Steudter