
Schweizer Studie zeigt: Mehrheit der Bevölkerung hat Mühe mit Impf-Informationen umzugehen
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Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat gemeinsam mit dem Careum Zentrum für Gesundheitskompetenz und gfs.bern die Impfkompetenz der Schweizer Bevölkerung untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Viele Menschen haben nach wie vor grosse Schwierigkeiten im Umgang mit Impf-Informationen. Die Studie liefert wichtige Hinweise für die Weiterentwicklung des Nationalen Programms Impfungen (NPI).
Die 2024 durchgeführte Studie umfasste eine repräsentative Online-Befragung mit 2058 in der Schweiz wohnhaften Erwachsenen und 30 vertiefende, leitfadengestützte Interviews mit einzelnen Personen aus der Befragung.
Mehrheit überfordert mit Impf-Informationen
Impfungen gehören zu den wirksamsten und kostengünstigsten Massnahmen zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten und leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung. Dennoch geben rund 51 Prozent der Befragten an, dass sie häufig Schwierigkeiten im Umgang mit Impf-Informationen haben und somit eine geringe Impfkompetenz aufweisen. Besonders herausfordernd ist es für sie, die Vertrauenswürdigkeit von Informationen zu beurteilen und Falschinformationen zu erkennen (61% bzw. 63% (sehr) schwierig). Am leichtesten fällt hingegen das Finden und Verstehen von Impf-Informationen.
Sozioökonomische Unterschiede beeinflussen Impfkompetenz
Etwa zwei Drittel der Bevölkerung zeigen eine hohe Impfbereitschaft. Diese ist besonders bei älteren und höher gebildeten Personen ausgeprägt. 7 Prozent der Befragten gelten als Impfkritikerinnen und Impfkritiker, die Mehrheit bilden jedoch Verunsicherte (60%). Das Wissen über Impfungen ist insgesamt hoch, dennoch bestehen gerade in bestimmten Bevölkerungsgruppen Wissenslücken, vor allem bei sozioökonomisch benachteiligten Personen. Personen mit einer schwierigen finanziellen Situation, geringer sozialer Unterstützung, Schwierigkeiten mit der offiziellen Sprache am Wohnort und/oder einem mittelmässigen bis schlechten Gesundheitszustand zeigen häufiger eine tiefere Impfkompetenz.
Eine tiefere Impfbereitschaft haben im Durchschnitt Personen, die sehr grosse Schwierigkeiten haben, ihre Rechnungen zu bezahlen, die ihre Stellung in der Gesellschaft als sehr tief einschätzen, oder einen besseren Gesundheitszustand angeben. Impfen wird zudem als gemeinschaftliche Aufgabe bei Bestrebungen gegen die Verbreitung von Infektionskrankheiten angesehen (70%). Ein Grossteil der Bevölkerung lässt sich impfen, wenn keine Nebenwirkungen erkennbar sind (69%), die Vorteile deutlich überwiegen (68%) oder der Schutz von Mitmenschen im Zentrum steht (69%). Solidarität scheint demnach weiterhin eine wichtige Determinante der Impfbereitschaft zu sein.
Ärztinnen und Ärzte bleiben wichtigste Informationsquelle
Beim Thema Impfen informiert sich die Bevölkerung am häufigsten bei der Ärzteschaft (85%), die auch als besonders glaubwürdig gilt. Gesundheitsbehörden, das soziale Umfeld und Internetseiten werden ebenfalls zur Information genutzt, jedoch seltener, und werden teilweise auch als weniger vertrauenswürdig eingestuft. Auch diese Ergebnisse sind für zukünftige Massnahmen zur Stärkung der Impfkompetenz und der Impfbereitschaft zentral.
Empfehlungen
«Die Ergebnisse zeigen, dass gezielte Information und ein offener Dialog zentral sind, um Unsicherheiten zu reduzieren und die Impfkompetenz zu stärken», sagt Sylvie Olifson, Programmleiterin NPI, Sektion Impfung, Bundesamt für Gesundheit BAG. Auch Saskia De Gani, Leitern des Careum Zentrum für Gesundheitskompetenz bestätigt die Relevanz der Studie: «Diese Impfstudie liefert spannende Erkenntnisse für zahlreiche relevante Stakeholder, die im Bereich Impfungen aktiv sind. Die Erkenntnisse gilt es nun mit ihnen weiter zu reflektieren, um gemeinsam gezielte Massnahmen zur Stärkung der Impfkompetenz und Impfbereitschaft der Bevölkerung zu entwickeln und umzusetzen.» Eine wichtige Grundlage dafür bilden die Empfehlungen, die gemeinsam mit einem Advisory Board und einer Begleitgruppe des BAG entwickelt wurden, wie beispielsweise die Fokussierung auf evidenzbasierte, transparente Informationen und auf dialogorientierte Ansätze zur Stärkung der kollektiven Verantwortung oder die Stärkung der Rolle von Arbeitgebenden.
Impfkompetenz
Impfkompetenz (engl. «vaccine literacy») bezieht sich auf das Wissen, die Motivation und die Fähigkeiten von Menschen, Impfinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und zu nutzen, um adäquate Impfentscheidungen treffen zu können.
Zusammenfassung der Studie inkl. Empfehlungen im Schlussbericht
- Download
Impfkompetenz der Schweizer Bevölkerung 2024
pdf (9.44 MB)
Über das Careum Zentrum für Gesundheitskompetenz:
Mit dem Zentrum für Gesundheitskompetenz verfolgt Careum das Ziel einer gesundheitskompetenten Schweiz. Die Bevölkerung soll mit gesundheitsbezogenen Informationen, Dienstleistungen und Herausforderungen besser umgehen und Entscheidungen treffen können, die sich positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von einem selbst und von anderen auswirken.
Bei Fragen zur Studie können Sie sich gerne an Saskia De Gani, Leiterin Zentrum für Gesundheitskompetenz wenden.