Verschiedene Generationen und Lebenssituationen

Besondere Bedürfnisse in der Palliative Care

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Menschen mit ihren Anliegen individuell zu pflegen, zu behandeln und zu begleiten – ein wichtiges Ziel der palliativen Versorgung. Die unterschiedlichen Situationen der Betroffenen zu erkennen und anzuerkennen wird immer wichtiger.

Ende der 1970er Jahre begann sich die Palliative Care – ausgehend von Genf – in der Schweiz zu formieren. Auch in den deutschsprachigen Nachbarländern machen sich Gesundheitsfachpersonen etwa zu dieser Zeit auf den Weg zu einer anderen Versorgung von schwerkranken und sterbenden Menschen. Eine Pionierin der deutschen Palliative Care Bewegung hat in einem Gespräch ausgedrückt, was die vielen Menschen, die damals etwas ändern wollten, in ihrem Wirken motiviert hat: «Niemand sollte mehr alleine sterben müssen.» (Steudter, 2021: 8).

Palliative Care zu den Menschen bringen

Inzwischen ist viel Zeit vergangen. Vieles hat sich verbessert, noch ist nicht alles erreicht. Palliative Care scheint im Gesundheitswesen normaler geworden zu sein. Aber noch immer wissen zu Wenige in der Bevölkerung, was das Anliegen und die Aufgabe dieses Ansatzes sind. Noch zu wenig bekannt sind die Möglichkeiten, die die Palliative Care für eine bestmögliche Lebensqualität bietet und wie die verschiedenen Professionen zusammenarbeiten, um Leiden zu lindern, Belastungen zu reduzieren und den «Tagen mehr Leben zu geben» – bis zuletzt (Holder-Franz, 2012).

Palliative Care hat verschiedene Entwicklungsstufen durchlaufen. Von Grund- und spezialisierter Versorgung bis hin zur fachspezifischen Palliative Care. In der Schweiz ermöglicht und flankiert durch die Nationale Strategie, die in verschiedenen Handlungsfeldern die Grundsteine für die heutige Palliative Care gelegt hat (BAG). Immer mit dem Ziel, dass die bestmögliche Versorgung frühzeitig zu jenen gelangt, die davon profitieren. Nicht mehr nur für Menschen mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung. Sondern auch in der neurologischen, pädiatrischen, kardiologischen oder nephrologischen Behandlung und Pflege. Und diese Versorgung hat sich in den letzten Jahren weiter individualisiert. Denn Menschen sind verschieden, haben unterschiedliche Bedürfnisse, Wünsche, Erwartungen, Lebensentwürfe und Ausgangssituationen. Niemand darf dadurch diskriminiert, benachteiligt oder chancenungleich behandelt werden. Eine Forderung, die in der Ethik und in der pflegerischen Berufsethik tief verankert ist (Dunger, 2024).

Generationen im Blick

Palliative Care umfasst die gesamte Lebensspanne. Bild: pixabay, skalekar1992.

Vielseitige Lebenssituationen wahrnehmen und anerkennen

Palliative Care wird heute noch umfassender gedacht. Und die Idee, dass sie allen bedürftigen Menschen zur Verfügung stehen soll, wird konsequenter umgesetzt. So hat sich in den letzten Jahren die geriatrische Palliative Care sehr stark entwickelt und spezifische Aspekte für die Zielgruppe entwickelt (Heimerl et al., 2021). Denn alte Menschen leiden häufiger an mehreren chronischen Krankheiten, die die Behandlungssituation nicht selten rasch komplex werden lassen. Die Funktion der Sinnesorgane ist im fortgeschrittenen Alter oft eingeschränkt, die Kognition kann verändert sein. Besonders in den Fokus gerückt ist die Palliative Care bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz.


Aber nicht nur alte Menschen sollen mehr in den Fokus der Palliative Care gerückt werden. Gedacht werden soll beispielsweise auch an Menschen mit körperlicher und/oder psychischer Behinderung. Ihre besonderen Bedürfnisse müssen in der Palliative Care mehr Beachtung finden. Auch ihnen soll ermöglicht werden, bis zum Tod in der gewohnten Lebens- und Wohnumgebung bleiben zu können. Zu denken ist aber auch an Menschen in der Wohnungslosigkeit (Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V., 2017) oder ohne Papiere. Oder an Menschen, die im Gefängnis leben (Gilbert et al., 2024). In vielfältigen Lebenssituationen und an Orten mit Menschen, die besondere Bedürfnisse haben, muss Palliative Care möglich sein. Wird dies in den kommenden Jahren ernsthaft weiterentwickelt, kommt man dem Ziel, eine gute Versorgung bis zuletzt für Alle zu ermöglichen, ein weiteres Stück näher.

Vielfalt der Menschen

Palliative Care muss für Menschen, die besondere Bedürfnisse haben, in vielfältigen Lebenssituationen möglich sein. Bild: pexels, Ingo Joseph.

Quellen

Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V. (2017). Hospiz und Wohnungslosigkeit. Sterben, Tod und Trauer. Sterbende wohnungslose Menschen begleiten. Berlin.

Dunger, C. (2024). Besondere Bedürfnisse beachten. Pflegerische Berufsethik im Umgang mit vulnerablen Personengruppen. Pflegen: palliativ, 15(62): 4–9. Hannover: Friedrich.

Eisenmann, Y., Golla, H., Schmidt, H., Voltz, R. & Perrar, K.M. (2020). Palliative Care in Advanced Dementia. Front. Psychiatry 11: 699. doi: 10.3389/fpsyt.2020.0069

Gilbert, E., De Viggiani, N., de Sousa Martins, J., Palit, T., Sears, J., Knights, D., Roulston, A., Turner, M. & Selman, L.E. (2024). How do people in prison access palliative care? A scoping review of models of palliative care delivery for people in prison in high-income countries. Palliative Medicine, 38(5): 517–534.

Heimerl, K., Kojer, M., Kunz, R. & Müller, D. (2021). Grundsatzpapier Palliative Geriatrie. Esslingen.

Holder-Franz, M. (2012). «… das du bist zuletzt leben kannst.» Spiritualität und Spiritual Care bei Cicely Saunders. Zürich: Theologischer Verlag.

Steudter, E. (2021). Niemand sollte mehr alleine sterben müssen. Aufbruch und Beginn der Hospiz- und Palliative-Care-Bewegung. Pflegen: palliativ, 12(50): 8–9. Hannover: Friedrich.

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