Junger Mann sitzt vor Laptop

Young Carers: Online Unterstützungsangebote finden

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«Young Carers» sind seit 2014 ein zentrales Thema in den Forschungs- und Entwicklungsprojekten der Careum Hochschule Gesundheit. Ende Juni erfolgt ein weiterer Meilenstein: Eine Website mit Unterstützungsangeboten für Young Carers und Fachpersonen geht online.

Noch vor ein paar Jahren war der Fachbegriff «Young Carers» der schweizerischen Öffentlichkeit kaum bekannt. Dies hat sich zum Glück mittlerweile geändert. Sensibilisierungsarbeit leisteten unter anderem TV- und Radiobeiträge sowie Zeitungsartikel, die Young Carers zum Thema machten: Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die sich neben Schule und Ausbildung um kranke oder beeinträchtigte Angehörige kümmern und Pflege- und Betreuungsarbeit schultern.

Auch die Careum Hochschule Gesundheit hat mit zahlreichen Forschungsprojekten dazu beigetragen, dass Young Carers und ihre Bedürfnisse besser wahrgenommen werden. Zum Beispiel lieferte eine nationale Schulumfrage 2017 erstmals repräsentative Zahlen: In der Schweiz kümmern sich knapp 8 % der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen um erkrankte oder beeinträchtigte Familienangehörige oder nahestehende Personen.

Ende Juni verbucht nun ein weiteres Young Carers-Projekt der Careum Hochschule Gesundheit einen Meilenstein. Im Rahmen eines Forschungsprojektes entstand mit www.young-carers.ch ein Online-Angebot speziell für junge Pflegende und Fachleute.

Worum es bei dieser Website geht und was man sich davon erhofft, erzählt das Projektteam, bestehend aus Sarah Rabhi-Sidler, Eva Schellenberg und Josip Jurisic (alle Careum Hochschule Gesundheit) im Interview.

Team Young Carers Netzwerkkarte

Young Carers-Projektteam: Josip Jurisic, Eva Schellenberg, Sarah Rabhi-Sidler (v.l.). Bild: Careum

Eine Website für Young Carers – was kann ich mir genau darunter vorstellen?

Sarah: «Unsere Website hat zum Ziel, dass Young Carers schneller zu Informationen und Unterstützung kommen, egal, vor welcher Herausforderung sie gerade stehen. Die Website soll junge Menschen ansprechen. Dank der Informationen zum Thema Young Carers können sie sich selbst als Young Carer identifizieren, falls es ihnen vorher nicht bewusst war. Denn gerade jüngere Kinder und Jugendliche sind sich ihrer Rolle als Young Carers noch nicht bewusst oder können ihre Situation nicht immer einordnen. Sie sollen das Gefühl verspüren: Hier bin ich am richtigen Ort und aufgehoben! Ein weiterer zentraler Bestandteil der Website ist, dass sich Unterstützungsangebote finden lassen.

Neben den Young Carers soll die Website aber auch Fachpersonen ansprechen. Denn diese spielen eine sehr wichtige Rolle, wenn es darum geht, dass Young Carers schnell geeignete Unterstützung erhalten. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass Fachpersonen Young Carers überhaupt ausmachen können. Hier möchte die Website Hand bieten.»

Mit dem Go-Live stellt ihr eine erste Version ins Netz – was kann sie, was noch nicht?

Eva: «In dieser ersten Version sind Angebote für Young Carers in den Kantonen Zürich, Aargau, Basel-Stadt, Basel-Land, Graubünden, Solothurn und Tessin online abrufbar. Das bestehende Angebot wird nun laufend ergänzt, einerseits mit neuen Angeboten aus den bestehenden Kantonen, andererseits kommen auch weitere Kantone dazu. Ebenfalls bereits online sind zentrale Informationen für Youngs Carers. Zum Beispiel: Was sind überhaupt Young Carers? Wie kann man andere Young Carers kennenlernen? Bis Anfang 2023 kommen zudem hilfreiche Informationen für Fachpersonen dazu. Eine Checkliste soll Fachpersonen dabei unterstützen, betroffene Kinder und Jugendliche zu erkennen. Mit einem Fragebogen lässt sich das Betreuungsausmass von Young Carers ermitteln. Bis zum Frühling 2024 werden die Angebote schweizweit erfasst sein.»

Screenshot Website Young-carers.ch

Neue Website young-carers.ch

Neugierig geworden? Hier geht es zur neuen Webseite mit Unterstützungsangeboten für Young Carers und Fachpersonen.

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Welche Informationen werden Young Carers geboten? Könnt Ihr konkrete Beispiele nennen?

Josip: «Neben den allgemeinen Informationen ist das eigentliche Kernstück der Website die Eingabemaske, mit der man nutzerfreundlich nach Unterstützungsangeboten suchen kann. Mittels Filterfunktion lassen sich Art des Angebots, Thema resp. Bedürfnis und Kanton auswählen. Die Suchresultate lassen sich als Liste oder anschaulich auf der Karte der Schweiz (Netzwerkkarte) anzeigen. Gibt ein Young Carers Ort oder Postleitzahl auf der Karte ein, kann er oder sie sich sofort ein Bild machen, was es in der Nähe an Angeboten gibt, vom Feriencamp bis zur Jugendberatung oder Krisenintervention. Auch Fachpersonen können sich so anhand der Netzwerkkarte in der Zusammenarbeit koordinieren.»

Was sind die nächsten Schritte im Projekt? Wird die Seite noch weiter ausgebaut?

Sarah: «Jetzt, wo die erste Version live geht, hoffen wir natürlich, dass ganz viele unserer bestehenden Kooperationspartner:innen zeitnah ihre regionalen Unterstützungsangebote in der Netzwerkkarte sichtbar machen wollen! Und dass sich weitere Organisationen an uns wenden, die einen Unterstützungsbeitrag leisten wollen und sich so neue Kooperationen ergeben. Parallel klären wir auch ab, welche regionalen Organisationen neue Get-together-Gruppen zum Austausch von Young Carers untereinander aufbauen können. Und in einer Begleitstudie versuchen wir herauszufinden, was es braucht, damit männliche Young Carers Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen. Das ist nämlich bisher kaum der Fall.»

Die Website wurde zusammen mit Young Carers entwickelt. Was waren ihre Bedürfnisse und zentralen Wünsche?

Eva: «Young Carers äusserten häufig den Wunsch, Informationen und Tipps zur Unterstützung zu erhalten. Ein Wunsch war auch, eine schnelle Hilfestellung für Notfallsituationen zu erhalten. Auf der Website gibt es zum Beispiel einen SOS-Button sowie Abschnitte zu ‹Wie bereite ich mich auf einen Notfall vor› oder ‹Was mache ich in einem Notfall›.»

Welche Herausforderungen stellten sich Euch im Rahmen des Projekts?

Josip: «Der Einbezug von Young Carers in unsere Projekte wird bei uns grossgeschrieben. Wir haben ihre Meinungen und Wünsche bei der Ausgestaltung der Website miteinbezogen, führen mit ihnen Gespräche über ihre Bedürfnisse. Daran orientieren wir uns auch bei der Entwicklung zukünftiger Unterstützungsangebote. Herausfordernd ist es, alle Zielgruppen zu erreichen. So wertvoll ihre Ansichten und Erfahrungen für unsere Arbeit sind, so schwierig ist es, mit ihnen in Kontakt zu treten. Wie es Sarah bereits erwähnt hat: Besonders die Gruppe der männlichen Young Carers ist schwer fassbar.»

Was hofft Ihr, dass die Website bewirkt?

Josip: «Ich denke, ich darf hier für uns alle sagen: Unser Wunsch ist es, auf das Thema Young Carers aufmerksam zu machen. Weiter möchten wir zur Unterstützung von Young Carers beitragen und die Zusammenarbeit von Fachpersonen fördern. Durch die Funktion der Angebotssuche und Vereinigung der Angebote auf einer Schweizer Netzwerkkarte, aber auch durch die Verlinkung auf andere Websites mit wertvollen Inhalten und Hilfsmaterialien für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Fachpersonen und Eltern nehmen wir eine Vermittlungsfunktion ein. Denn die Anliegen von Young Carers liegen uns wirklich am Herzen.»

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  • Bist Du selbst Young Carer oder waren Sie früher in dieser Rolle? Welche Angebote sind besonders hilfreich?
  • Wie könnte man männliche Young Carers noch besser erreichen?

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