Verlagsleiter Felix Dettwiler geht in Pension

Er war der erste männliche Mitarbeitende an der Schwesternschule vom Roten Kreuz Zürich-Fluntern und langjähriger Leiter des Careum Verlags. Was Felix Dettwiler in 30 Jahren bei Careum alles erlebt hat.

Eigentlich wollte der Baselbieter Felix Dettwiler nie so lange bei Careum in Zürich bleiben. Doch dann sind es doch 30 Jahre geworden – bis zu seiner Pensionierung im September 2022. Ganz passend für einen ehemaligen Langstreckenläufer ging ihm die Luft nie aus. Das lag auch am spannenden und attraktiven Umfeld. «Careum hat immer einzigartige Voraussetzungen gehabt. Die Rechtsform einer Stiftung und die verfügbaren Mittel boten den Freiraum, um gross zu denken und Sachen auch umzusetzen. Und das ist immer noch so», sagt Felix Dettwiler.

Weil sich Careum während seiner Zeit stark verändert und immer wieder neu erfunden hat, orientierte er sich ganz einfach intern neu: Vom Schulleiter wurde er zum Verlagsleiter und in einer Übergangsphase zum CEO ad interim. Zu seinem Abschied blicken wir mit ihm auf seine bewegte Zeit bei Careum zurück.

Kapitel 1: Erster Mann an der Schwesternschule

Im November 1992 wurde Felix Dettwiler mit 34 Jahren Leiter der Schwesternschule vom Roten Kreuz Zürich-Fluntern – der Vorgängerorganisation von Careum. Obwohl er auch eine Stelle in Baselland in Aussicht hatte, entschied er sich für das Angebot aus Zürich. «Ich fand das attraktiv, weil es für mich ein frischer Anfang war.»

Damit war er der erste festangestellte Mann in einer Institution von Frauen für Frauen. «Da schlug mir schon auch etwas Skepsis entgegen, vor allem von der älteren Generation.» In diesem Zusammenhang erinnert sich Felix Dettwiler an eine witzige Anekdote: Bei einer Veranstaltung von ehemaligen Absolventinnen ging er vor einer älteren Schwester im Rollstuhl auf die Knie, um sie besser verstehen zu können. Auch wenn dies aus praktischen Gründen passierte, wurde dies als Zeichen der Demut und Wertschätzung interpretiert. «Jemand im Hintergrund meinte: Der kann nicht schlecht sein, wenn er sich so hinkniet.»

CEO Stefan Spycher verabschiedet Verlagsleiter Felix Dettwiler

Stefan Spycher (r.), CEO von Careum, überreicht dem ehemaligen Verlagsleiter Felix Dettwiler zum Abschied ein Geschenk. Bild: Careum

Speziell in Erinnerung geblieben ist Felix Dettwiler noch ein zweites Erlebnis: Einige Wochen nach seinem Stellenantritt klopfte es an seiner Tür. Das war damals eher unüblich. Ohne Anmeldung kam eigentlich niemand ins Büro des Schulleiters. Vor der Tür stand eine ältere, hagere Frau. Es stellte sich heraus, dass die Besucherin aus einer Zürcher Adelsfamilie stammte. «Sie wollte einfach mal schauen, wer der Neue ist.» Und offenbar konnte sie Felix Dettwiler im Gespräch überzeugen: «Ein paar Tage später hatten wir eine sehr grosszügige Spende auf unserem Konto.»

In der Schwesternschule vom Roten Kreuz Zürich-Fluntern traf Felix Dettwiler auf eine gut geführte, von Werten geprägte Institution, die damals eine der schweizweit prägenden Schulen in der Pflege war: «Sie stand auf einem festen ethischen und moralischen Fundament.» Eine Anforderung war es daher, die Schule auch auf ein wirtschaftlich gutes Fundament zu legen. Dies gelang auch. Die Zahl der Lernenden konnte auf über 200 verdoppelt werden.

Kapitel 2: Schule geschlossen, Verlag aufgebaut

Dann kam das Aus für die Schwesternschule, weil der Kanton sämtlichen 26 Schulen im Gesundheitsbereich den Leistungsauftrag entzog, um die Ausbildung zu konzentrieren. Zwar bekam Careum den Leistungsauftrag für ein neues Bildungszentrum, doch auf Felix Dettwiler wartete eine neue Aufgabe. Er sollte bei Careum einen Medienbereich aufbauen. Es ging darum, die pädagogischen Inhalte, die inhouse entwickelt wurden, zu vermarkten. So entstand 2007 der Careum Verlag. Zur Verstärkung konnte Felix Dettwiler zwei Expertinnen aus dem Verlagswesen rekrutieren: «Ich war ein absolutes Greenhorn. Ich kannte einfach den Markt und die Bedürfnisse.»

Gestartet ist man mit einem Umsatz von rund 60 000 Franken. «Das war zu viel zum Sterben, aber auch zu wenig zum Leben», sagt Felix Dettwiler. Deshalb begann sich der Verlag breiter aufzustellen: Neben der Produktion von Lehrmitteln kamen auch Bücher mit Querschnittswissen hinzu. Nach einer steilen Wachstumskurve in den ersten zehn Jahren wurde man zum grössten Verlag im nicht ärtzlich-medizinischen Bereich des Gesundheitswesens.

Das Erfolgsrezept war oft gleich: «Wir haben fast immer mit Partnern zusammengearbeitet. Netzwerke zu bauen, war meine Spezialität.» So arbeitete man bei der Entwicklung der Lehrmittel mit den nationalen Dachorganisationen der Arbeitswelt zusammen. «Das verlieh uns eine hohe Glaubwürdigkeit.» Auch beim Bestseller unter den Büchern funktionierte das Prinzip. Das Buch «Erste Hilfe leisten – sicher handeln» wurde unter anderem zusammen mit der Rega, dem Samariterverband und der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft entwickelt.

Felix Dettwiler über die Zukunft des Careum Verlags

Felix Dettwiler

«Der Zeitpunkt ist ideal, um beim Careum Verlag eine technologische Innovation und eine neue Wachstumsphase einzuläuten.»

Kapitel 3: Die doppelte Ablösung

Als der Markt begann, digitale Produkte nachzufragen, reifte die Idee für eine E-Book-Plattform. In Edubook, dem Partner des Careum Verlags für Druck und Logistik, fand Felix Dettwiler den richtigen Verbündeten. So wurde 2017 Edubase gegründet. «Das war ein Glücksfall, weil der Careum Verlag für digitale Lösungen alleine zu klein gewesen wäre. Zudem hätten wir das nötige Know-how nicht gehabt.»

Felix Dettwiler leitete das Pop-up zuerst gemeinsam mit dem damaligen Leiter von Edubook. Doch bald übernahm Marion Leu die Geschäftsführung von Edubase. Nun hat sie Felix Dettwiler bei seiner Pensionierung ein zweites Mal abgelöst. Seit September 2022 ist sie seine Nachfolgerin als Leiterin des Careum Verlags. «Das sind optimale Voraussetzung», findet Felix Dettwiler. Der Zeitpunkt sei ideal, um eine technologische Innovation und eine neue Wachstumsphase einzuläuten. Wie sieht denn seine Zukunftsvorstellung für den Careum Verlag genau aus? «Ich wünschte mir, dass daraus eine Careum Medien AG wird, weil der Begriff Verlag mit den künftigen Anforderungen an das Lehren und Lernen zu kurz greift.»

Kapitel 4: Ein Abschied in Raten

Und was hat Felix Dettwiler nun im Ruhestand vor? «Eigentlich wollte ich ja keine grossen Pläne schmieden.» Doch so leicht kommt der passionierte Mountainbiker und Wanderer doch nicht von Careum weg. Er hat noch ein Mandat bei Careum Weiterbildung übernommen. Im Frühjahr 2023 unternimmt er zudem gemeinsam mit seiner Frau eine Reise nach Neuseeland und in die Südsee. «Das war mir schon früher wichtig. Ich bin nach jeder Bildungsphase jeweils auf Reisen gegangen.»

Diskutieren Sie mit!

  • Wie haben Sie Felix Dettwiler als langjährigen Schulleiter oder Verlagsleiter bei Careum erlebt?
  • Möchten Sie vielleicht eine persönliche Anekdote mit Felix Dettweiler teilen?
  • Was wünschen Sie Felix Dettwiler zur Pensionierung?

Kommentare

  • Susanna Ackermann-Wittek

    06.10.2022

    Ich bewundere, als ehemalige Rot Kreuz Schwester, immer wieder die Innovationen, die auch Felix mitgestaltet hat. Herzliche Gratulation zur neuen Lebensphase. Susanna

  • juergen.georg@hogrefe.ch

    11.10.2022

    Lieber Herr Dettwiler, leider haben wir uns nie persönlich kennengelernt. Wir teilen jedoch eine Gemeinsamkeit, die relativ einzigartig ist. Die Funktion eines Programmleiters eines Pflegeverlages dürfte es in der Schweiz nicht noch ein drittes Mal geben. Insofern dürften wir ironischerweise schliessen, dass wir zu den zwei "besten" unseres Faches gehören. Als Programmleiter Pflege darf man sich ja permanent mit dem Kopf in den Wolken bewegen und muss mit den Füssen zugleich fest auf der Erde stehen, um zum einen gemeinsam mit den Autor*innen und Lektoratskolleg*innen aus einer Ideen ein Buch oder E-Medium werden zu lassen und sich permanent darüber Gedanken zu machen, welches Entwicklungen um uns herum relevant für die Entwicklung des Pflegewissens sein könnten. Wenn man dann ab und an einen richtigen Riecher hatte oder einer/m jungen Autor*in eine Tür öffnen konnte, oder einem Menschen mit Demenz eine Stimme geben konnte, dann schafft das schöne Erinnerungen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie viele davon sammeln konnten, ziehe den Hut vor einem verdienten Kollegen und wünsche Ihnen noch viele schöne Wanderungen und Reisen, die am Ende dann doch zu einer grossen Reise zusammenfliessen werden. Grüssen Sie herzlich die "Kiwis" von mir. Sie werden viel Freude am Land und den Menschen haben. Herzlichst Ihr Jürgen Georg Programmleiter: Pflege Hogrefe-Verlag, Bern