Was braucht die Trauer?
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Die Trauer als individuelle und existenzielle Erfahrung ist eine Herausforderung im Leben jedes Menschen. Was hilft beim Trauern? Wie können Fachpersonen Menschen, die trauern, unterstützen? Und welche Rolle haben wir als Gesellschaft, als Gemeinschaft?
Wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken, weiss man, der Herbst ist da. Traditionellerweise erinnern Gedenktage in dieser Jahreszeit an die Verstorbenen. Damit rücken auch die Hinterbliebenen und die Trauernden vermehrt ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Aber, der Trauer sollten wir nicht nur an diesen Tagen Beachtung schenken. Sie sollte mehr und mehr Teil der Gesellschaft werden. Denn einerseits sind alle Menschen im Laufe des Lebens von dieser Erfahrung betroffen. Andererseits fühlen sich noch immer viele Trauernde in dieser herausfordernden Zeit alleine gelassen.
Was brauchen Menschen, die trauern?
Trauern ist individuell. So lässt sich die Antwort auf die Frage, was Trauernde brauchen, nicht einfach beantworten. Im Laufe des Trauerprozesses können sich Bedürfnisse ändern. Und Gefühle können einen erst nach Monaten, gar Jahren übermannen. Dann, wenn man denkt, das Schlimmste sei vorbei (Terhorst, 2015). Das «richtige» Trauern gibt es demnach nicht.
In der Regel zeigt sich die Trauer in verschiedenen Phasen, die sich wiederholen und ineinanderfliessen. Bei den meisten Menschen verläuft das Durchleben dieses Prozesses zwar schmerzhaft, aber ohne dass sie therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Dennoch sollten Fachpersonen, die mit trauernden Menschen zu tun haben, erfassen, wie es den Betroffenen geht und die Situation ansprechen.
Immer wieder berichten Trauernde, dass sich ihr Umfeld zurückzieht, weil sie in der Trauer nicht stören wollen. In solchen Situationen fühlen sich die Hinterbliebenen oft nicht nur traurig, sondern auch ohne Unterstützung.
Entsprechende Angebote sollten stets den individuellen Bedürfnissen und dem situativen und kulturellen Kontext der Trauer entsprechen. Dies setzt neben Fachwissen und Empathie auch die Fähigkeit voraus, auf Menschen zuzugehen und sich auf sie einzulassen.
Die Verbindung bewahren
Wie aber geht man mit dem Verlust eines nahestehenden Menschen um? Mit der Trauer, mit dem Neuen, dem bis dahin Unvorstellbaren? Nicht selten besteht die Vorstellung, man dürfe sich Verstorbenen nach einer angemessenen Zeit der Trauer nicht zu sehr verbunden fühlen, weil man damit nicht frei wird für das Leben.
Inzwischen rückt man von dieser Vorstellung eher ab. Eine innere Bindung zu verstorbenen Menschen, die einem sehr nahestanden, die die eigene Biografie begleitet und geprägt haben, kann Trost und Halt bieten. Viele Trauernde berichten, dass sie Verstorbenen einen neuen Platz in ihrem Leben einräumen. Die Verbundenheit mit ihnen fortbesteht.
In diesem Sinne ist Trauer auch ein Anpassungsprozess (Znoj, 2022): Vergangene Erlebnisse können in gegenwärtige und zukünftige einfliessen und so in etwas Neues führen.
Das Ganze der Trauer sehen
Trauer hat vielfältige Auswirkungen auf den Menschen. Eindrücklich hat uns dies die Corona-Pandemie gezeigt: Eine Zeit, in der sich sehr viele Menschen nicht von den sterbenden Angehörigen oder Freunden verabschieden konnten. Eine Zeit, die uns Rituale der Trauer, wie das Beisetzen von Verstorbenen oder das Beten in einer Gemeinschaft, verunmöglicht hat. Oder unter widrigen Umständen erleben liess.
Die Verarbeitung dieser nicht selten traumatischen Erfahrungen hat begonnen. Es wird sich zeigen, was dies zukünftig für die Betroffenen und die Gesellschaft bedeutet.
Beim Trauern stehen in der Regel die emotionalen und psychosozialen Dimensionen im Vordergrund. Doch auch die Erkenntnis über die körperlichen Auswirkungen der Trauer hat an Bedeutung gewonnen (vgl. Pearce et al., 2022). Diese Vielschichtigkeit gilt es zu berücksichtigen. So könnten Angebote für Betroffene eruiert werden, die sich an ihre individuellen, situationsabhängigen und kulturellen Bedürfnisse richten.
Gemeinsam da sein
Es kann Hinterbliebenen helfen, dass wir als Gesellschaft der Trauer und den Trauernden gegenüber aufmerksamer sind. So sind Menschen in ihrem Leid getragen und können besser wieder zurück ins Leben finden.
Eine Möglichkeit dazu bietet der Ansatz der Compassionate communities. Die Idee dieses Ansatzes geht zurück auf das WHO-Konzept der sogenannten gesunden Städte und Gemeinden aus den 1970er-Jahren. Im Zuge der Palliative-Care-Etablierung hat sich dies zur Idee einer sorgetragenden Gemeinschaft weiterentwickelt, in der sterbende Menschen bis zuletzt in ihrer vertrauten Umgebung und Gemeinschaft verbleiben können (Michel et al., 2021).
Dieses Sorgetragen könnte auf die Angehörigen, auf die Hinterbliebenen übergehen. Und so können wir als Gemeinschaft, als Gesellschaft der Trauer neuen Raum geben.
Veranstaltung: Trauer – eine existenzielle Erfahrung
Trauern braucht Raum. Und professionelles Begleiten in der Trauer braucht Wissen und den Austausch darüber. Dies möchten wir Ihnen mit der dreiteiligen Veranstaltungsreihe «Trauer» an der Careum Hochschule Gesundheit bieten.
Mehr erfahren: Veranstaltung zur Trauer
Quellen
Michel, C., Felber, S.J., Affolter, B., Greusing, M.-H. & Eychmüller, S. (2021).
Compassionate Cities: Stärkung der sozialen Ressourcen in den Gemeinden für ein gemeinsam getragenes Lebensende. Praxis, 110(15): 866–871. Abstract.
Pearce, C. & Komaromy, C. (2022). Recovering the body in grief: Physical absence and embodied presence. Health, 26(4): 393–410. Abstract.
Terhorst, E. (2015). Das erste Trauerjahr. Das Praxisbuch. Freiburg: Herder Verlag.
Znoj, H.J. (2022). Trauer – ein fordernder Anpassungsprozess. Pflegen: palliativ, 13(54): 4–7. Abstract.
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- In welchen Bereichen sollte die Begleitung von trauernden Menschen verbessert werden?
- Welche Aufgaben sehen Sie hier für die Fachpersonen aus Gesundheit und Sozialem?
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