
Mit Musik leichter durchs Pflege-Studium? Bevor das Lernen beginnt, setzen viele Kopfhörer auf – aber warum? Steigert Musik Konzentration und Motivation, überdeckt sie Lärm oder ist sie bloss ein Lernritual?
Sucht man auf Plattformen wie Spotify nach «Musik zum Lernen» oder «Konzentrationsmusik», dann erscheinen viele Playlists. Es muss wohl hierzu eine grosse Nachfrage bestehen. Ich selbst nutze die Musik teilweise zum Lernen. Dabei darf es aber keine Musik sein, welche meinem gängigen Musikgeschmack entspricht. Denn dann würde ich mich auf die Musik und nicht aufs Lernen konzentrieren.
Ich höre im Zug oft Musik. Da der Geräuschpegel im Zug hoch ist, fällt es mir jeweils schwer, mich auf meinen Text zu konzentrieren. Wenn ich bei Spotify nach Musik zum Lernen suche, empfiehlt mir diese Plattform „Alpha-Wellen”. Doch was ist das für ein Musikgenre und welche Musikarten gibt es noch, die nachweislich das Lernen unterstützen können?
Studien zu Musik und Lernen
Die meisten Studien, welche sich mit Musik, Lernen und Konzentrieren befassen, wurden mit klassischer Musik durchgeführt. In einer Studie von Rauscher et al. aus dem Jahr 1993 wurde der Einfluss von Mozarts Musik auf den Lernerfolg untersucht. Sie besagt, dass das Hören von Musik von Mozart sogar den IQ erhöhen und die kognitiven Fähigkeiten verbessern kann. Heute geht man zwar noch davon aus, dass klassische Musik einen positiven Effekt hat, jedoch nicht mehr, dass sie den IQ erhöht (Chabris, 1999).
Der Grund, weshalb klassische Musik sich positiv auf das Lernen auswirkt, ist, dass sie häufig in der Dur-Tonart geschrieben ist. Das hat einen positiven Einfluss auf die Grundhaltung. Klassische Musik ist in der Regel weniger ablenkend (Baues, o.D.).
2012 untersuchten Dosseville, Laborde und Scelles in einer Studie zwei Gruppen: Studierenden, die während der Prüfung klassische Musik hörten und solche, die keine Musik hörten. Die weiteren Voraussetzungen waren gleich. Es zeigte sich, dass die Studierenden, die Musik gehört hatten, signifikant bessere Testergebnisse erzielten als die Kontrollgruppe. Auch eine weitere Studie zeigte auf, dass Student:innen, welche den Test einmal mit und einmal ohne Musik schrieben, mit Musik ein deutlich besseres Ergebnis erzielten. Es wurden mehr Fragen beantwortet und es waren mehr Antworten korrekt (Cockerton, Moore Norman, 1997).
In einer von Spotify durchgeführten Studie kam man zum Ergebnis, dass nicht der Musikstil, sondern die Geschwindigkeit entscheidend ist. Ideal sind Lieder mit 50-80 Beats pro Minute (Baues o.D.).
Beim Erlernen einer Sprache hat die Musik allerdings einen negativen Einfluss. Hier vermischen sich die Hirnregionen, die für das Lernen von Wörtern zuständig sind, mit denen, die Wörter einfach nur hören (Hampl, 2020).
Musikhören mit der Absicht der Aktivierung und der positiven Stimmung führt zu einer kurzfristigen Verbesserung der kognitiven Leistungen
Das limbische System
Das limbische System spielt beim Hören eine grosse Rolle: Wenn wir Musik hören, sehen wir Bilder vor uns. Dies erklärt auch, weshalb es nicht «die eine» Musik zum Lernen gibt. Jeder empfindet die Musik anders. Wenn wir Musik hören, löst dies im Gehirn die Ausschüttung von Endorphinen, unseren Glückshormonen, aus. Zudem wird das Stresshormon Cortisol verringert. Auch der Neurotransmitter Dopamin wird ausgeschüttet. Er spielt eine wichtige Rolle im Belohnungssystem und wirkt motivierend (Simply Science, 2018).
Was gilt nun als gute Lernmusik?
Die oben erwähnten Alpha-Wellen sind eine bestimmte Art von Gehirnwellen. Abhängig davon, in welchem Zustand man sich gerade befindet, schwingen diese Gehirnwellen in unterschiedlichen Frequenzen. 8-12 Herz ist der Alpha-Frequenzbereich, bei dem wir entspannt sind. Die Alpha-Wellen-Musik bringt uns in den entsprechenden Bereich (HWR, 2018, o.A.).
Neben der bereits erwähnten klassischen Musik ist auch das Lofi-Genre sehr empfehlenswert. Lofi zeichnet sich durch langsame, gleichmässige Beats aus. Es enthält kaum oder sehr wenig Gesang. Charakteristisch sind auch Störgeräusche wie Knistern oder Rauschen (daher auch der Name «Lofi», denn «Low Fidelity» ist das Gegenteil von «HiFi»). Die Lofi-Musik wirkt entspannend und hat einen positiven Effekt auf die Konzentrationssteigerung (Baues, o.D.). Im Grunde genommen ist es keine Musik, allerdings können sogenannte Ambiente-Geräusche (wie Regen, Wind oder Meeresrauschen) beim Lernen helfen. Diese Ambiente-Geräusche sind besonders hilfreich, wenn man sich durch andere Musik leicht ablenken lässt. Ambiente-Geräusche helfen beim Entspannen und auch beim Ausblenden von Hintergrundgeräuschen (Baues o.D.).
Eine Subkategorie der Ambiente-Geräusche sind die sogenannten Brown Noise, White Noise und Pink Noise. Sie sind den Ambientegeräuschen ähnlich. Es ist keine Musik, sondern je nach Art nur ein gleichbleibender Ton in einer bestimmten Frequenz (Baues o.D.).
Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich Musik positiv auf die Konzentration und somit auf das Lernen auswirken kann. Jeder muss für sich selbst herausfinden, welche Musik ihm/ihr guttut.
Falls Sie sich fragen, ob ich während des Verfassens dieses Blogbeitrags Musik gehört habe: Ja, habe ich. Das Genre Lofi war mir vorher nicht bekannt, und ich muss sagen, ich mag es und empfinde die Musik als sehr angenehm.
Links zu den erwähnten Musikgenres
*Dieser Beitrag entstand im Kurs «Schreibkompetenz» während des Studiums zum Bachelor of Science FH in Nursing an der Careum Hochschule Gesundheit. Die Teilnehmenden wählten ein Thema, mit dem sie in der Regel in ihrem Berufsalltag in Berührung kommen. Die besten Beiträge wurden ausgewählt und für den Blog überarbeitet.
Quellen:
Altenmüller, E., (2007). Macht Musik schlau? Zu den neuronalen Auswirkungen musikalischen Lernens im Kindes- und Jugendalter. Musikhochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. PDF.
Baues, F., (o.D.). Musik beim Lernen? – Pro & Contra. Studysmarter.
Chabris, C., (1999). Prelude or requiem for the ‘Mozart effect’?. Abstract.
Cockerton, T., Moore, S., Norman, D., (1997). Cognitive Test Performance and Background Music. Abstract.
Dosseville, F., Laborde, S., Scelles, N., (2012). Music during lectures: will students learn better? Abstract.
Hampl, V., (2020), Durch Töne vernetzen sich die Hirnregionen. Artikel Bildungskanal BR.
Alphawellen – mit Musik durch jede Lernphase surfen (2018). HWR, Berlin. Blog.
Simply Science, (2018), Welchen Effekt hat Musik auf unser Gehirn? Artikel.
Diskutieren Sie mit!
- Lernen Sie bewusst mit Musik?
- Welche Art von Musik empfinden Sie als unterstützend?
- Sollte es den Studierenden erlaubt sein, während einer Prüfung Musik hören zu dürfen?
Kommentare
Tami Wehrmann
04.06.2025Sehr interessanter Beitrag! Mir hilft Musik dabei, meine Konzentrationsspanne zu erweitern (länger konzentriert lesen oder schreiben). Meistens suche ich dafür "brain music" auf YouTube und es erscheinen Videos mit den oben beschriebenen Frequenzen. Bei sehr repetitiven Büroaufgaben hilft auch ein Podcast, vorausgesetzt die jeweiligen Aufgaben erfordern nicht sehr viel Konzentration. In der Prüfungsaufsicht hatte ich Studierende, denen es schon geholfen hat, einfach Kopfhörer aufzuhaben. Sie berichteten mir, dass es Ihnen hilft, ruhiger zu bleiben und sich nicht von Geräuschen ablenken zu lassen. Bei Open Book Prüfungen sehe ich daher kein Problem, wenn es den Studierenden hilft, ihr volles Potenzial während der Prüfung ausschöpfen zu können.
Leyla Mangold
04.06.2025Liebe Tami Wehrmann
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung zu meinem Blogbeitrag.
Zu Podcasts habe ich selbst noch keinen Draht gefunden, aber auch schon von vielen gehört, die das nutzen und ebenfalls als sehr hilfreich empfinden.
Tatsächlich dient die Musik nicht nur zur Konzentration, sondern auch zum "Überdecken" anderer, störender Geräusche. Finde ich toll, dass die Studierenden die Kopfhörer tragen dürfen.
Jörg Haslbeck
04.06.2025Vielen Dank, Leyla Mangold, für diesen lesenswerten Beitrag, der mich als Musik-Liebhaber und LP-Sammler gleichermassen anspricht. Zudem habe ich beim Schreiben mehrerer Qualifikationsarbeiten ebenfalls Musik gehört, um mich zu fokussieren. Für mich war Klassik und hier v.a. Johann Sebastin Bach mit seinen Solo-Werken (Cello Suiten, Klavier) bis hin auch zur Gregorianik passend. Übrigens auch Jazz hat sehr geholfen.
Entscheidend ist m. E., dass bewusst Musik genutzt wird und nicht als "Dauerberieselung" vor sich hin läuft...
Leyla Mangold
04.06.2025Vielen Dank Jörg Haslbeck für das Feedback!
Wäre vielleicht noch interessant zu wissen, ob Musik-Liebhaber sich mit Musik anders konzentrieren und lernen können, als diejenigen, welche weniger musikaffin sind. Da wären wir dann vielleicht auch wieder beim Themea der "Dauerberieselung".