Gesundheitskompetenz

Gesundheitskompetente Organisationen in der Grundversorgung

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Gute Entscheidungen für die eigene Gesundheit zu treffen, kann herausfordernd sein. Organisationen in der Grundversorgung können dabei helfen.

Die Informationsflut, besonders im Internet, ist gross und zu­gleich wird unser Gesundheits­system zunehmend komplexer. In diesem Kontext ist es anspruchsvoll, sich zu­rechtzufinden und gute Entscheide für die eigene Gesundheit zu treffen. Soll ich mit Fieber und einem Stechen in der Lunge zur Hausärztin, direkt in den Notfall oder einfach einmal kurz in die Apotheke? Wenn ich die Symptome bei Google eingebe, dann steht, ich könnte eine Lungenembolie haben – stimmen diese Informationen? Welche Rechte habe ich eigentlich ganz grundsätzlich als Patientin? Um diese Fragen zu beant­worten, ist ein gewisses Mass an Gesund­heitskompetenz gefordert. 

Gesundheitskompetenz fördern 

Unter Gesundheitskompetenz verste­hen wir die Fähigkeit, gesundheitsrele­vante Informationen finden, verstehen, beurteilen und nutzen zu können. Ge­sundheitskompetenz spielt folglich eine wichtige Rolle, wenn es um Entschei­dungen und Verhalten geht, die sich po­sitiv auf die Gesundheit auswirken. 

Aktuelle Studien zeigen, dass rund die Hälfte der Schweizer Bevölkerung gene­rell Schwierigkeiten im Umgang mit ge­sundheitsrelevanten Informationen auf­weist. So bereitet etwa die Einschätzung von Informationen aus den Medien hinsichtlich ihrer Vertrauenswürdigkeit grosse Schwierigkeiten. Allgemein sind Menschen mit finanziellen Problemen und wenig sozialer Unterstützung von sol­chen Schwierigkeiten besonders betroffen. Dies hat weitreichende Folgen: ein un­gesünderer Lebensstil, ein schlechterer Gesundheitszustand, häufigere Arzt­- und Spitalbesuche bis hin zu höheren Gesundheitskosten. Es ist deshalb wichtig, dass nachhaltige und wirksame Interventionen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz vorangetrieben werden. Eine wichtige Rolle spielen dabei Organisationen der medizinischen Grundversorgung, wie etwa Arztpraxen oder die Spitex. 

Möglichkeiten von Organisationen

Diese sind eine zentrale Anlaufstelle, wenn es um Gesundheitsfragen geht. Ihre Fachpersonen stehen in regelmässi­gem Kontakt mit vielen Menschen. Mit bestimmten Strategien und Praktiken können diese Organisationen die Ge­sundheitskompetenz ihrer Klientinnen und Klienten fördern. Dies gelingt bei­spielsweise, wenn sie leicht verständliche Gesundheitsinformationen bereitstellen, patientenzentriert kommunizieren oder Unterstützung bei der Orientierung im Gesundheitswesen anbieten. Um Orga­nisationen auf diesen Weg zu bringen und zu unterstützen, wurde im Projekt «Selbstcheck Gesundheitskompetente Organisation» ein Tool erarbeitet. Das Tool umfasst eine Checkliste, mit wel­cher Gesundheitsfachpersonen die Situ­ation in der eigenen Organisation an­hand bestimmter Kriterien überprüfen können. Damit werden die Stärken und Schwächen sowie der Handlungsbedarf innerhalb der Organisation erkennbar. Sie sehen also, wie es um ihre sogenann­te «organisationale Gesundheitskompe­tenz» steht. Daraus wiederum können sie einen gezielten Massnahmenplan entwi­ckeln, wobei ihnen ein spezielles Handbuch als Hilfe dient (siehe Grafik).

Gesundheitskompetenz in der Organisationsentwicklung verankern

Illustration Selbstcheck Gesundheitskompetente Organisation

Quelle: Selbstcheck Gesundheitskompetente Organisation, Gesundheitskompetenz Zürich.

Vielversprechende Pilotphase 

Diverse Arztpraxen und Spitex­-Teams haben die erste Version des Tools be­reits getestet. Es zeigte sich, dass die Motivation zur Teilnahme am Projekt darin lag, dass die Fachpersonen das Thema als wichtig und zu ihrem Aufga­benbereich gehörend erlebten. Das Tool wurde insgesamt als sehr hilfreich beurteilt und animierte zu praxisna­hem Handeln. So wurden beispielswei­se die Patienteninformationen verbes­sert und eine spezielle Sprechstunde zur Begleitung von Verhaltensänderun­gen eingerichtet. Das Tool konnte auch Veränderungsprozesse in der Organi­sationsstruktur begleiten, insbesonde­re in der Teamentwicklung. Gemeinsa­mes Lernen wurde gefördert und die Koordination mit anderen Fachberei­chen optimiert. Nach der Umsetzung erhöhte sich das Wissen zu Gesundheitskompetenz und gesundheitskom­petenzfördernde Massnahmen wurden als wichtiger eingeschätzt. Die Praxis­partner akzeptierten das neu entwi­ckelte Selbst­Assessment­-Tool und setzten es gut um. Es zeigte sich jedoch auch, dass es eine regelmässige und wiederholte Anwendung braucht, um die organisationale Gesundheitskom­petenz nachhaltig entwickeln zu kön­nen. Dies erfordert entsprechendes Leadership in der Organisation. 

Aktuell wird das Tool basierend auf den Erkenntnissen aus der Pilotstudie überarbeitet. Es werden Strategien ent­wickelt, die eine nachhaltige Anwendung in der Praxis fördern. Die Weiterent­wicklung des Tools ist ein nächster Schritt hin zu mehr Gesundheitskompe­tenz in Organisationen. 

*Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Juli 2023 des Magazins P&G der Gesundheitsdirektion des Kanton Zürichs. Das Magazin können sie hier kostenlos herunterladen: Zum Magazin 

Text:

  • Dr. Saskia De Gani, Leiterin Careum Zentrum für Gesundheitskompetenz
  • Dunja Nicca, Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention (EBPI), Universität Zürich

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