Gesundheitskompetenz bei Jugendlichen, Teenager sitzt am Boden und schaut in ihr Handy

Wie Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung die Sichtweise der Suchtprävention ergänzen kann

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Am 7. Februar 2025 fand der Zürcher Präventionstag zum Thema «Sucht im Wandel: Herausforderungen für die Prävention» an der Universität Zürich statt. Im Fokus stand vor allem das Thema Sucht bei Jugendlichen unter anderem im Bereich Schule. Eine Frage, die sich dabei stellt: Welche Rolle spielen Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung in der Suchtprävention?

Am Zürcher Präventionstag 2025 wurde eine Vielfalt von Ansätzen zur Suchtprävention präsentiert und mit einem Panel von Expert:innen diskutiert. Unter anderem wurde das Thema Substanzsucht durch Vorträge zur Nikotinprävention in Irland oder zur Datenlage von Kokainkonsum bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beleuchtet. Dabei wurde die Zunahme der Verfügbarkeit von Suchtmitteln im Internet hervorgehoben: Man wird quasi 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche bedient. Dazu kommt die aggressive Vermarktung der Suchtmittel, wie zum Beispiel bei E-Zigaretten und Vapes, was zu Risiken wie Überdosierungen und Mischkonsum führt.

Doch nicht nur bei der Substanzsucht spielen das Internet und die Digitalisierung eine entscheidende Rolle, sondern auch bei der Entwicklung von Verhaltenssüchten. So haben Vorträge und Diskussionen am Zürcher Präventionstag gezeigt, dass Geldspiele und ein problematischer Umgang mit Videogames ebenfalls verbreitet sind, und dass Social Media häufig von jungen Frauen genutzt wird, um vor negativen Gefühlen zu flüchten.

Um passende Massnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen zu entwickeln ist es notwendig, mit der Zielgruppe zusammenzuarbeiten und neue Rahmenbedingungen zu gestalten. Dafür wurden am Präventionstag spannende Hinweise und Erfahrungen aus der Suchtprävention geteilt.

Im Folgenden möchte ich diese spannenden Erkenntnisse in den Kontext des Gesundheitsförderungsansatzes und der Stärkung von Gesundheitskompetenz setzen.

Der Unterschied zwischen Prävention und Gesundheitsförderung

Prävention und Gesundheitsförderung sind Formen von Interventionen mit dem Ziel, einen individuellen oder kollektiven Gesundheitsgewinn zu erreichen. Die Gesundheit in der Bevölkerung soll verbessert und gesundheitliche Chancengerechtigkeit gewährleistet werden. Die beiden Begriffe unterscheiden sich dennoch in ihren Ansätzen:

  • Prävention bedeutet, bekannte und vorab definierte Ursachen, Risiken und Rahmenbedingungen zu erkennen, zu verhindern, zu verringern oder zu verzögern. Das geschieht durch Früherkennung und Massnahmen (Interventionen). Der Ansatz der Prävention ist vorwiegend pathogenetisch. Das bedeutet: Die Entstehungen und Entwicklungen von Krankheiten soll verhindert werden.

  • Die Gesundheitsförderung hingegen orientiert sich am Ansatz der Salutogenese, dem Gegenbegriff der Pathogenese. Die Salutogenese ist ein Modell von Aaron Antonovsky, das sich auf die Entstehung und Erhaltung von Gesundheit konzentriert. Menschen sollen befähigt werden, mehr Kontrolle über die eigene Gesundheit zu erlangen. Die Gesundheitsförderung erzielt die Verbesserung von gesundheitsrelevanten Lebensweisen und Lebensbedingungen.

Wie am Zürcher Präventionstag aufgezeigt wurde, ist Suchtverhalten häufig eine Folge gesundheitlicher Probleme – sowohl physischer als auch psychischer Natur. Neben dem Präventionsansatz leistet auch der Gesundheitsförderungsansatz einen wichtigen Beitrag, um gesundheitliche Probleme zu verhindern und das Risiko für potenzielles Suchtverhalten zu verringern. Zudem zeigt sich im Zusammenspiel von Prävention und Gesundheitsförderung, dass die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung von zentraler Bedeutung ist.

Die Rolle der Gesundheitskompetenz im Bereich Sucht

Die «Nationale Strategie Sucht» des Bundesamt für Gesundheit zielt unter anderem darauf ab, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu fördern. Im Umgang mit Sucht sind das Individuum, sein Umfeld, seine Lebensumstände und seine Fähigkeiten, die eigene Lebenswelt mitzugestalten, wichtige Bestandteile. Genauso zentral sind entsprechende Rahmenbedingungen und organisationale Strukturen, welche die Gesundheitskompetenz stärken können. Gesundheitsressourcen und – potenziale sollen somit auf unterschiedlichen Ebenen (z. B. Individuum-, Fachpersonen-, Organisationen- und Systemebene) gefördert werden.

Die Gesundheitskompetenz beinhaltet Kompetenzen, die den proaktiven Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen, Dienstleistungen und Herausforderungen fördern. Durch die Stärkung der Gesundheitskompetenz werden das Verständnis für Risiken gefördert, fundierte Entscheidungen ermöglicht und eine Inanspruchnahme von frühzeitiger Unterstützung gewährleistet. Die «Nationale Strategie Sucht» möchte dadurch die Eigenverantwortung stärken, dass Menschen ihre Entscheide in Kenntnis der Risiken und der möglichen Folgen treffen können. Im Hinblick auf die gesellschaftlichen Herausforderungen wie die rasche Digitalisierung ist Gesundheitskompetenz eine wesentliche Ressource für einen reflektierten Umgang mit Social Media, Videogames und Suchtmitteln wie Vapes, die aggressiv vermarktet werden. So ist die Stärkung der Gesundheitskompetenz ein wichtiger Bestandteil in der Suchtprävention und Suchthilfe.

Dabei spielt der Ansatz der Früherkennung und Frühintervention (F+F) eine wichtige Rolle. Wie die Gesundheitskompetenz mit dem Ansatz F+F gestärkt werden kann, wird im Artikel «Früherkennung und Frühintervention: Das Potenzial der Gesundheitskompetenz» aufgezeigt. Darin wird erwähnt, dass Organisationen und Fachpersonen im Kontext von F+F verschiedene Kompetenzen brauchen, wie zum Beispiel das Erkennen von Verhaltensänderungen, eine personenzentrierte Gesprächsführung und das Kooperieren mit internen und externen Fachstellen. Solche Kompetenzen können der professionellen Gesundheitskompetenz zugeordnet werden. (Gesundheits-)Fachpersonen sollen relevante Informationen so vermitteln dass sie von Patient:innen verstanden, beurteilt und für gemeinsame Entscheidungen zu Gesundheit und Wohlbefinden genutzt werden können. Hier bietet beispielsweise die motivierende Gesprächsführung eine bewährte Methode für Fachpersonen, patientenorientierte Gespräche mit ihren Patient:innen zu führen und dabei deren Gesundheitskompetenz zu stärken.

In meinem Praktikum im Zentrum für Gesundheitskompetenz habe ich diverse Aspekte der Gesundheitskompetenz kennengelernt. Durch meinen Besuch am Zürcher Präventionstag hatte ich die Möglichkeit, das Thema Sucht zu vertiefen und dies mit dem Thema Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung in Verbindung zu setzen. So habe ich gelernt, dass beim Thema Sucht ein richtiger Umgang mit Gesundheitsinformationen, -dienstleistungen und Herausforderungen eine wichtige Rolle spielt und es sich lohnt, neben einer Perspektive der Gesundheitsförderung und Prävention auch eine gesundheitskompetenzorientierte Sichtweise für die Entwicklung von Lösungsansätzen einzunehmen.

Quellen:

Bundesamt für Gesundheit (2015). Nationale Strategie Sucht. Nationale Strategie Sucht

De Gani, S. M., Beese, A.-S., Guggiari, E., Jaks, R. (2023) Konzeptpapier zur Gesundheitskompetenz. Careum Zentrum für Gesundheitskompetenz. Zürich. Im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Bern.

De Gani, S. M., & Fabian, C. (2024) Früherkennung und Frühintervention: Das Potenzial der Gesundheitskompetenz. Suchtmagazin (Ausgabe 6). S. 6-11. SuchtMagazin Nr. 6/2024 – Prävention – Integrative Behandlung – Alkohol - suchtmagazin

Faltermaier, T. (2023). Salutogenese. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden. https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i104-3.0

Franzkowiak, P. (2022). Prävention und Krankheitsprävention. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden. https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i091-3.0

Kaba-Schönstein, L. (2018). Gesundheitsförderung 1: Grundlagen. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden. https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i033-1.0

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