Sechs ehemalige Schwesternschülerinnen besuchen den heutigen Careum Campus.

«Schön, dass dahinter immer noch eine Stiftung steht»

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Sechs ehemalige Schülerinnen, die Ende der 60er-Jahre die Schwesternschule absolviert haben, waren zu Besuch auf dem Careum Campus. Im Gespräch haben Sie uns verraten, warum früher nicht alles besser war, was sie heute von Careum denken und welche Ratschläge sie angehenden Pflegerinnen und Pflegern mit auf den Weg geben möchten.

Es ist eine besondere Gruppe, die Alexandra Wirth, Projektleiterin in der Abteilung Strategie und Innovation bei Careum, an diesem Tag über den Careum Campus in Zürich führt: Anita, Annemarie, Esther, Francesca, Marianne und Ursi – sechs ehemalige Schülerinnen, die von 1968 bis 1971 gleichenorts ihre Ausbildung zur Krankenschwester an der Schwesternschule vom Roten Kreuz Zürich-Fluntern absolvierten, der Vorgängerinstitution von Careum.

Mehr als 50 Jahre später erkunden sie nun die modernen Ausbildungsräume für Gesundheitsberufe, in denen Lernende und Studierende etwa die Berufsfachschule zur Fachperson Gesundheit, die Höhere Fachschule Pflege oder das Bachelorstudium in Pflegewissenschaften besuchen. Nach dem Rundgang haben wir die ehemaligen Krankenschwestern zu einem Gespräch eingeladen.

Was hat euch dazu bewogen, vor über 50 Jahren die Ausbildung zur Krankenschwester zu machen?

Marianne: «Ich bin mit der Medizin aufgewachsen, mein Grossvater und meine Eltern waren Ärzte. So war der Entscheid damals für mich sehr naheliegend.»

Annemarie: «Schon meine Grossmutter hatte am Rot-Kreuz-Spital Krankenschwester gelernt. Sie hat ihr jüngstes Kind mit Kinderlähmung gepflegt und ihm das Leben gerettet. Sie war eine wichtige Bezugsperson für mich, was wohl auch meinen Entscheid mitgeprägt hat.»

Esther: «Ich habe schon in der 1. Klasse gesagt, dass ich Krankenschwester werden will. Ich weiss aber gar nicht mehr wieso.» 

Anita: «Bei mir war ein Spitalaufenthalt als Kind ausschlaggebend. Ich habe mir damals gedacht: Wow, das mache ich später auch mal!»

Ursi: «Ich wollte eigentlich zuerst Kinderschwester werden, bevor ich dann bei einem Einsatz als Schwesternhilfe gemerkt habe, dass mir die Pflege von erwachsenen Menschen mehr zusagt.»

Francesca: «Mein Vater war Assistenzarzt am Rot-Kreuz-Spital. Wenn wir in Zürich waren, durfte ich jeweils mit zu Schwester Emilie ins Labor. Deshalb war mir die Schwesternschule ein Begriff. Den Beruf habe ich aber auch gewählt, um Geld zu verdienen – zum grossen Entsetzen meiner Familie, da ich eigentlich nach der Matura studieren sollte.»

Die Zeit im Internat hat uns zusammengeschweisst. Das war sehr wertvoll.

Anita, ehemalige Schülerin der Schwesternschule vom Roten-Kreuz.

Anita, ehemalige Schülerin der Schwesternschule vom Roten Kreuz Zürich-Fluntern.

Welche Erinnerungen aus der Schulzeit sind euch besonders geblieben?

Anita: «Die gemeinsame Zeit im Internat hat uns zusammengeschweisst. Das war sehr wertvoll.»

Francesca: «Ich erinnere mich noch gut daran, wie überrascht wir waren, als wir am ersten Tag im Internat einen eigenen Schlüssel für die Haustüre bekommen haben. Das war damals neu, früher gab es viel weniger Freiheiten.»

Marianne: «Aber Herrenbesuche waren trotzdem nicht erlaubt. Und es herrschte noch Zucht und Ordnung. Die Schulschwestern haben etwa kontrolliert, ob es ein Haar am Stöpsel im Lavabo hat und ob das Bett gemacht ist.»

Hand aufs Herz: War früher alles besser in der Pflege?

Marianne: «Der Alltag war bei uns damals auch hart. Wir hatten zehn Wochen Nachtwache am Stück. Ich dachte, ich sei auf einem anderen Planeten.»

Esther: «Wir hatten auch enorme Verantwortung zu tragen. Eine frisch Diplomierte und ich als Schülerin im Praktikum waren damals verantwortlich für das ganze Spital. Und wenn es dann eine Geburt gab, mussten wir auch noch der Hebamme helfen.»

Anita: «Es gab damals auch wenig Unterstützung von Seiten der Schule. Es gab keine Bildungsverantwortlichen oder Ansprechpersonen für uns in den Spitälern. Das ist heute viel besser.»

Annemarie: «Familie und Beruf zu vereinbaren war bei uns schwierig. Es gab noch keine Kitas und man nahm bei den Arbeitsplänen auch keine Rücksicht darauf.»

Viele von euch sind – mit Unterbruch nach der Geburt der Kinder – der Pflege treu geblieben. Was hat euch so begeistert am Beruf?

Anita: «Es ist einfach ein sehr spannender und vielseitiger Beruf. Im kleinen Kanton Glarus, wo ich arbeitete, kannte ich noch viele Patientinnen und Patienten persönlich und habe auch immer viel positives Feedback erhalten. Wir waren lange ein sehr gutes Team, das macht halt auch viel aus.»

Marianne: «Wenn du am Abend nach Hause gehst, weisst du eigentlich nie, was am nächsten Tag sein wird. Das macht es so spannend. Mir war zudem der Kontakt mit Menschen wichtig. Ich konnte mir damals nicht vorstellen, in einem Büro zu sitzen und zum Beispiel stundenlang Dokumente alphabetisch abzulegen – nein danke.»

Heute kämpfen wir mit Fachkräftemangel und Pflegenden, die aus dem Beruf aussteigen. Wie beurteilt ihr diese Herausforderungen?

Anita: «Das ist leider gar nicht viel anders als früher. Man hatte schon in den 70er-Jahren einen personellen Mangel in der Pflege. Es wurden dann Leute aus den Niederlanden, aus Finnland oder Deutschland rekrutiert. Als ich zwischenzeitlich in Afrika in einem kleinen Spital gearbeitet habe, hat mich sogar der damalige Chefarzt von Glarus persönlich angeschrieben, ob ich nicht wieder zurückkommen wolle. Rechtzeitig Lösungen zu finden, hat man also schon damals verschlafen.»

Annemarie: «Aus finanziellen Gründen ist der Sektor ja stark unter Druck. Ich hoffe wirklich auf politischen Rückhalt, damit gut qualifizierte Pflege in den Spitälern weiterhin selbstverständlich ist.»

Ich finde es auf jeden Fall lässig, was aus unserer sympathischen Schule mit kleinem Spital geworden ist.

Annemarie, ehemalige Schülerin der Schwesternschule vom Roten-Kreuz.

Annemarie, ehemalige Schülerin der Schwesternschule vom Roten Kreuz Zürich-Fluntern

Was habt ihr nach dem Rundgang und den Gesprächen auf dem Campus für ein Bild von der heutigen Ausbildung und von Careum gewonnen?

Anita: «Die Skillsräume haben mich sehr fasziniert. Das ganze Angebot ist viel breiter gefächert, nicht mehr nur auf Pflege ausgerichtet wie bei uns. Es kommt einem alles professioneller vor.»

Annemarie: «Es ist eine ganz andere Ausbildungswelt, eine andere Pädagogik. Ich finde es auf jeden Fall lässig zu sehen, was aus unserer sympathischen Schule mit kleinem Spital geworden ist.»

Francesca. «Ich finde es schön, dass über allem immer noch eine unabhängige, nicht gewinnorientierte Stiftung steht.»

Abschliessend, mit Blick voraus: Was würdet ihr angehenden Pflegerinnen und Pflegern auf ihren zukünftigen Weg mitgeben?

Marianne: «Ihr macht einen tollen Job. Und ihr könnt alles, was ihr lernt, auch im persönlichen Alltag gut brauchen.»

Francesca: «Man sollte nicht nur die Arbeit allein sehen, sondern sich immer bewusst sein, dass man wirklich etwas Wichtiges für die Gesellschaft macht.»

Anita: «Wichtig scheint mir, die persönliche Psychohygiene und dass man sich abgrenzen kann. Manchmal hat man da vielleicht etwas Mühe. Da rede ich auch aus eigener Erfahrung. Deshalb sollte man darauf achten, sich selbst zwischendurch auch einmal etwas Gutes zu tun.»

Esther: «Der Beruf bietet unglaublich viele Möglichkeiten. Es hat so viele Nischen, dass jede und jeder das findet, was ihr oder ihm entspricht.»

Herzlichen Dank für euren Besuch auf dem Careum Campus und das Gespräch.

Diskutieren Sie mit!

  • Welche schönen Erinnerungen haben Sie an Ihre Ausbildung im Gesundheitsbereich – vielleicht sogar an unserer damaligen Schwesternschule?
  • Weshalb schlägt Ihr Herz für einen Beruf im Gesundheitswesen?
  • Welche Ratschläge haben Sie für angehende Pflegefachpersonen?

Kommentare

  • Brigitte Juon

    22.08.2024

    Vielen Dank für diesen Einblick. Auch meine Mutter hat im Rotkreuzspital ihre Ausbildung absolviert, allerdings bereits in den 50er-Jahren.
    Ich habe mich für das Bethanien entschieden, mir war das Rotkreuzspital zu gross.

    Freundliche Grüsse
    Brigitte Juon

    • Fabio Mauerhofer

      23.08.2024

      Sehr geehrte Frau Juon

      Vielen Dank für Ihren Kommentar und das Teilen Ihrer persönlichen Verbindung! Es freut mich sehr, dass wir mit unserem Beitrag einen spannenden Einblick gewähren konnten. Wie schön, dass auch Ihre Mutter ihre Ausbildung im Rotkreuzspital absolviert hat und dass Sie sich ebenfalls für eine Ausbildung im Gesundheitswesen entschieden haben. Ihre Entscheidung für das Bethanien zeigt, wie unterschiedlich und individuell die Wege in der Pflegeausbildung sein können.

      Freundliche Grüsse
      Fabio Mauerhofer