Digital – genial oder fatal?
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Die Digitalisierung ist in der Bildung und im Berufsalltag im Gesundheitsbereich angekommen. Trotzdem besteht die Gefahr, dass Patientinnen und Patienten die Gesundheitsprofis digital überholen. So eine Erkenntnis aus dem Careum Forum 2019.
Gesundheitsapps, Elektronisches Patientendossier und neue klinische Informationssysteme: Es werden immer mehr Technologien entwickelt. Dadurch entsteht ein gewisser Handlungsdruck für Arbeitsprozesse und Bildung, wie Prof. Dr. Ines Trede, Leiterin Observatorium am Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung, in ihrem Referat am Careum Forum 2019 vor knapp 200 Teilnehmenden im Careum Auditorium in Zürich aufzeigte. Doch nehmen Computer und Roboter den Gesundheitsprofis auch bald den Job weg? Nein. Das Risiko für Jobverlust ist bei Gesundheitsberufen relativ gering, wie Ines Trede anhand von Forschungsergebnissen zeigte.
Die Digitalisierung erfordert analytisches Denken und Reflexionsfähigkeit. Laut Ines Trede ist es daher die Aufgabe der Bildung, Handlungskompetenz zu vermitteln, um hilfreiche Technologien zu erkennen und eine differenzierte Haltung gegenüber Chancen und Risiken neuer Technologien zu entwickeln.
Ein digitaler «Meilenstein» am Unispital Zürich
Einen «Meilenstein» für die Digitalisierung des Bildungsmanagements präsentierte Dr. Eva-Maria Panfil, Leiterin Bildung Direktion Pflege und MTTB am Universitätsspital Zürich. Das Unispital hat ein Bildungsportal entwickelt, in dem die Prozesse für alle Mitarbeitenden zugänglich, bildungsgangübergreifend und interprofessionell dargestellt sind. Gleichzeitig ist es eine Wissensdatenbank, die aktuelle Dokumente und Informationen enthält sowie eine Übersicht über die wichtigsten Rollen und Funktionen bietet.
Tatsächlich konnten durch die Prozessdarstellungen überflüssige Schritte identifiziert, Dokumente vereinheitlicht und vorhandene Schätze identifiziert werden. So muss nicht jeder Bildungsgang oder Medizinbereich das Rad neu erfinden. Damit schafft Digitalisierung auch wertvolle Ressourcen. Doch noch wichtiger: «Wir haben eine gemeinsame Sprache gefunden», so Eva-Maria Panfil. Dies sei die Basis für eine interprofessionelle Zusammenarbeit und die Entwicklung der Bildung in der Praxis.
Mehr Verständnis für digitale Möglichkeiten gefordert
Moderatorin Dr. Sylvia Kaap-Fröhlich, Leiterin Careum Bildungsmanagement, wollte es in der Podiumsdiskussion noch einmal genauer wissen: Ist digitales Lernen nun genial oder fatal? «Es ist ganz einfach normal», erwiderte Daniel Ammann, Leiter Höhere Fachschule Pflege am Bildungszentrum Gesundheit und Soziales in Chur. Wenn die Welt immer digitaler werde, könne die Bildung nicht hintenanstehen. Auch Monika Wieland, Bildungskoordinatorin am Kantonsspital Baden, pflichtete bei: «Die Digitalisierung ist im Spitalalltag angekommen.» Und Kerstin Schmölzer, Bildungsverantwortliche der Spitex Zürich Limmat, hob die Chancen der Digitalisierung speziell für dezentrale Organisationsformen wie etwa die Spitex hervor.
Allerdings kommt dies alles beim Patienten offenbar noch nicht an. «Es besteht die Gefahr, dass die Patienten die Gesundheitsprofis digital überholen», sagte Hansueli Trüeb, Patientenvertreter vom Diabetesclub Schweiz. Betroffene von Diabetes seien sehr digital unterwegs, in Spitälern fehle jedoch manchmal das Verständnis für die digitalen Möglichkeiten.
Als Risikofaktor kam in der Diskussionsrunde der Datenschutz zur Sprache. Die Sensibilisierung für solche Themen fehle noch, gab Daniel Ammann zu. Er plädierte zudem dafür, angewandte Datenverarbeitung in die Ausbildung zu integrieren. «Auch ein Health Professional sollte wissen, wie die Technologie funktioniert.» Die im Careum Working Paper 8 am relevantesten eingeschätzte Handlungsempfehlung, die digitale Transformation durch Co-Design mit allen Beteiligten zu gestalten, wurde von allen begrüsst.
Digitalisierung in «kleinen Häppchen»
Das Schlusswort oblag Fabio Feubli, ehemaliger Chief Digital Officer von Careum. Er betonte, dass es sowohl konkrete Digitalisierungsprojekte als auch die Vogelperspektive auf den digitalen Wandel braucht. Er plädierte für eine Digitalisierung in «kleinen Häppchen»: «Ein kleines Stück Software kann einen grossen Wandel verursachen.»
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