Careum Führungstagung 2024: «Fokuswechsel – das Positive im Blick»
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Mit grosser Resonanz und inspirierenden Impulsen fand die diesjährige Careum Führungstagung unter dem Motto «Fokuswechsel – das Positive im Blick» statt. Rund 330 Teilnehmende aus unterschiedlichen Bereichen des Gesundheits- und Sozialwesens nutzten die Gelegenheit, sich wertvolle Anregungen für ihren Führungsalltag zu holen.
Die Tagung bot spannende Einblicke in eine neue Dimension der Führung: Durch den gezielten Fokus auf das Positive können Führungskräfte nicht nur ihren Horizont erweitern, sondern auch eine Kultur der Stärke und Resilienz in ihren Organisationen aufbauen. Diese Veranstaltung bot eine Chance sowohl zum Lernen als auch zum Netzwerken mit Gleichgesinnten, die bereit sind, Positive Leadership nicht als blosses Schlagwort, sondern als gelebte Realität zu begreifen.
Johnsua König, Bereichsleiter Leadership & Management bei Careum Weiterbildung, eröffnete gemeinsam mit Dr. Nicole Frank die Führungstagung. Sie kündigten einen Tag voller inspirierender Facetten von Positive Leadership an.
Stärkung der positiven Eigenschaften im Leben
Mit ihrem Eröffnungsreferat «Was macht das Leben lebenswert? Ein Blick in die Positive Psychologie» führte uns Lucia Kuhn, systemische Coach und Doktorandin zu Positiver Psychologie in Organisationen, in das Thema der Veranstaltung ein. Die Disziplin der Positiven Psychologie beschäftigt sich nicht nur mit der Überwindung von Schwächen, sondern auch mit der Stärkung der positiven Eigenschaften im Leben. Sie stellt kein Gegenstück zur klassischen Psychologie dar, sondern ergänzt diese durch einen ganzheitlichen Ansatz. Lucia Kuhn zeigte eindrücklich, wie in vielen Unternehmen noch der Gedanke «Nicht geschimpft ist genug gelobt» vorherrscht, was laut dem «State of the Global Workplace 2023 Report» von Gallup zu mangelnder emotionaler Bindung und erheblichen wirtschaftlichen Kosten führt. Positive Psychologie setzt hier an, indem sie ein Gleichgewicht zwischen Stärken und Schwächen fordert – mit dem Ziel, das Leben gesunder Menschen zu bereichern und eine Kultur des Wachstums zu schaffen.
Das klingt vielversprechend – aber wie setzt man das konkret um? Lucia Kuhn forderte das Publikum aktiv heraus: In nur 30 Sekunden sollten die Teilnehmenden fünf Dinge notieren, in denen sie gut sind, und anschliessend diejenigen unterstreichen, die sie gerne tun. Damit veranschaulichte sie, dass etwas gut zu können nicht zwangsläufig ein Zeichen von Stärkeneinsatz ist. Ein allgemeingültiges Rezept für ein erfülltes Leben gibt es nicht, wohl aber wissenschaftlich fundierte Zutaten. Hierzu erläuterte sie ausführlich das von Martin Seligman entwickelte PERMA-Modell, das als Leitfaden für mehr Wohlbefinden dient. Das Akronym steht für fünf Schlüsselfaktoren: Positive Emotionen, Engagement, Relationship (Beziehungen), Meaning (Sinn) und Accomplishment (Zielerreichung). Abschliessend fragte sie das Publikum: Welche dieser fünf Zutaten möchten Sie in Zukunft nutzen, um Ihrem Leben eine Prise mehr Würze zu verleihen?
Nach der aufschlussreichen Einführung ging es mit einem weiteren spannenden Vortrag weiter: Prof. Dr. Alexander Hunziker sprach über «Positive Leadership – Was ist es und was ist es nicht?». Als Professor für Achtsamkeit und Positive Leadership an der Berner Fachhochschule und Leiter mehrerer Fachkurse zu diesem Thema, teilte er seine Expertise und stellte klar, was Positive Leadership wirklich bedeutet. Entgegen der verbreiteten Annahme, dass es dabei nur um Lächeln, Harmonie und Vermeidung von Druck gehe, betonte er, dass es vielmehr um Freude an der Arbeit, Lernen mit Neugierde und Sinn sowie intrinsische Motivation geht. Obwohl viele Unternehmen der Meinung sind, dass sie sich auf menschliche Stärken konzentrieren, hinterfragte Prof. Dr. Hunziker, ob dies wirklich systematisch geschieht.
Kümmere dich um deine Mitarbeitenden, dann kümmern sie sich um dein Geschäft
Er plädierte in seinem Vortrag für eine klare Haltung und ein positives Menschenbild: «Kümmere dich um deine Mitarbeitenden, dann kümmern sie sich um dein Geschäft.» Er unterstrich, dass Freude an der Arbeit und persönliches Aufblühen keine Gegensätze zu hoher Leistung sind – im Gegenteil, beides geht Hand in Hand. Weiter argumentierte er, dass es sich lohnt, in das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu investieren. Glücklichere Mitarbeitende erbringen nicht nur bessere Leistungen, sondern sind auch seltener krank, finden schneller kreative Lösungen und motivieren ihre Kolleginnen und Kollegen.
Seine Ausführungen zum Thema Wertschätzung regten zum Nachdenken an und verdeutlichen, wie man diese aktiv zeigen kann. Er setzt sich ein für einen bewussten Umgang mit Wertschätzung und betonte die grosse Wirkung von Komplimenten für bestimmte Verhaltensweisen, die keinesfalls mit hierarchischem Lob zu verwechseln sind. Zudem hob er hervor, dass Wertschätzung auf verschiedene Arten empfunden wird. Darüber hinaus beleuchtete er wichtige Themen wie psychologische Sicherheit, den Unterschied zwischen Fehlerkultur und Vertrauenskultur sowie die Bedeutung von Optimismus. Insgesamt wurde deutlich, dass eine positive Haltung Verbindungen schafft und ein unterstützendes Miteinander fördert.
Stärkenbasierter Ansatz für persönliches Wachstum und Sinnhaftigkeit
Im dritten Referat beleuchtete Dr. Valentina Vylobkova, Studiengangsleiterin CAS Positive Psychologie an der Universität Zürich, den Ansatz der Führung mit Stärkenorientierung. In der modernen Arbeitswelt stehen Führungskräfte vor der Herausforderung, ihre Mitarbeitenden und Teams nicht nur effektiv zu leiten, sondern auch individuell zu fördern, zu motivieren und zu inspirieren. Dr. Vylobkova stellte die beiden Ansätze zur Personalführung und -entwicklung «fix what's wrong» und «build what's strong» vor. Sie befürwortet einen stärkenbasierten Ansatz, da dieser persönliches Wachstum unterstützt und die Sinnhaftigkeit bei der Arbeit und im Leben fördert.
Damit stärkenorientierte Führung gelingt, ist es essenziell, die positiven Seiten einer Person benennen zu können. Sie stellte die gut erforschte VIA Klassifikation vor, die den guten Charakter durch 24 positive Eigenschaften beschreibt, die jede Person im unterschiedlichen Masse hat. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, aktiv mitzumachen und reflektierten über ihre persönlichen Stärken, die sie mithilfe von Mentimeter teilten, wodurch ein dynamisches und inspirierendes Bild auf der Leinwand entstand.
Eine Fokussierung auf die Charakterstärken fördert die Produktivität, steigert die Lebenszufriedenheit und verbessert das Wohlbefinden – um nur einige der zahlreichen Vorteile zu nennen. Sie stellte konkrete praxisorientierte Schritte der Stärkenarbeit vor und ermutigte zudem die Teilnehmenden durch interaktive Übungen, sich mit den Stärken anderer Menschen auseinanderzusetzen.
Den Abschluss des Vormittagsprogramms gestaltete die Pianistin Soojeong Lee mit ihren wunderbaren Klängen. Mit ihren einfühlsamen musikalischen Einsätzen bereicherte sie das Tagesprogramm und schuf Oasen der Besinnung, in denen die Zuhörer:innen die Möglichkeit hatten, ihre Gedanken zu vertiefen und den Kopf für die kommenden Referate freizumachen.
Druck führt nicht zwangsläufig schneller ans Ziel
Gestärkt durch die Mittagspause startete Dominic Bucher das Nachmittagsprogramm mit seinem Referat «Wirksamer Einsatz finanzieller Ressourcen». Er ist überzeugt, dass Sparen oder Streichen von Stellen nicht der richtige Weg zum Verbessern der Kosten ist. Auf humorvolle Art gelang es ihm, die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen. Als erfahrener Koch zeigte er auf, wie leicht sich eine alltägliche Situation aus der Küche in eine andere Thematik übertragen lässt. Er nahm dabei das Beispiel von Kartoffeln in einem Dampfkochtopf: Unter Druck garen sie zwar schneller, doch das bedeutet nicht zwangsläufig, dass man auch schneller oder besser zum Ziel kommt.
Seine 30-jährige Berufserfahrung in leitenden Positionen in Gastronomie, Hotellerie und Langzeitpflege ermöglichte es ihm, zwei Pflegeinstitutionen finanziell zu sanieren und nachhaltig zurück auf die Erfolgsspur zu führen. Beispielhaft präsentierte er in vier Schritten – Wissen, Kalkulieren, Finanzieren und Umsetzen – die Ergebnisse aus der Praxis und wie innerhalb von fünf Jahren die Personalkosten effektiv gesenkt werden konnten und dabei gleichzeitig die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden und Lebensqualität der Bewohnenden stieg.
Mit der Erzählung eines persönlichen Erlebnisses an einem Konzert führte uns die nächste Referentin, Odette Häfeli, in ihr Referat «Zuversicht, Sinn und Wirksamkeitserleben bei den Mitarbeitenden fördern» ein. Die Organisationsberaterin zeigte auf, wie Führungspersonen durch gezielte Massnahmen die emotionale und organisationale Energie ihrer Teams nachhaltig fördern können.
Schlüsselfaktoren für gelingende Strategie- und Veränderungsprozesse
Um die aktuellen Herausforderungen zu verdeutlichen, griff sie auf das VUCA-Modell zurück, das die schwierigen Rahmenbedingungen der Unternehmensführung beschreibt: Volatility (Unbeständigkeit), Uncertainity (Unsicherheit), Complexity (Komplexität) und Ambiguity (Mehrdeutigkeit). Sie hielt fest, dass bewährte Instrumente nicht mehr wie früher funktionieren, Entscheidungen nicht mehr aufgrund von Analysen und Prognosen getroffen werden können und ein Fachkräftemangel herrscht. Arbeitnehmende sehen sich mit hohen Anforderungen und ständigen Veränderungen sowie hohem Druck und Belastung konfrontiert. Inspirierend zeigte sie die Rolle und Aufgaben von Führungspersonen anhand des Positive Leadership Modells auf und wie sich Strategie- und Veränderungsprozesse unter Berücksichtigung der folgenden sieben Schlüsselfaktoren erfolgreich gestalten lassen:
1. Partizipative Strategieentwicklung
2. Sinnstiftende und wertebasierte Strategien
3. Flexible und agile Strategieansätze
4. Psychologische Sicherheit im Strategiediskurs
5. Resilienz in der Strategieumsetzung
6. Mitarbeiterzentrierte Ziele und Erfolgsmessung
7. Langfristige Motivation und Innovationskraft
Um die Konzentration und Aufmerksamkeit der Teilnehmenden nochmals zu aktivieren, startete Prof. Dr. Volker Schulte das letzte Referat zum Thema «Resilienz in der Führung» mit einer kurzen Achtsamkeitsübung. Mit Überzeugung legte er dar, dass ein radikales Umdenken in der Führung notwendig ist, wenn Unternehmen gute Fachkräfte halten wollen. Menschen wollen heute in Zeiten des Fachkräftemangels im Privaten wie im Beruflichen ein Sinnerleben «leben». Sinnlose Tätigkeiten, Redundanzen und eine flottierende Führung führen zu Abgängen, Kündigungen, Absenzen und Fluktuationen. In der Folge sinkt die Produktivität. Als erfahrener Dozent für Positive Psychologie und Resilienz vermittelte er dem Publikum die Kernelemente der Achtsamkeit und Resilienz, sowohl auf individueller als auch auf Organisationsebene.
Weg vom reinen Verstand hin zum Herzen
Er ist überzeugt, dass Innehalten und Gelassenheit eingeübt werden kann und soll. Die beiden Eigenschaften führen dazu, dass es Menschen in Situationen grosser Herausforderung und psychischer Konfrontation gelingt, vergleichsweise ruhig und gelassen zu bleiben. Weiter stellte er die drei Interventionsebenen - Beziehungen stärken, Motivation bei allen aufbauen und in ein gemeinsames Handeln kommen - vor.
Letztendlich geht es darum, den Fokus weg vom reinen Verstand hin zum Herzen und zu einem erfahrungsorientierten Lernen zu verlagern, um wirklich nachhaltig zu wachsen und zu erblühen.
Die diesjährige Führungstagung zeigte eindrucksvoll auf, was Menschen glücklich macht und wie Führungskräfte dieses Wissen nutzen können, um eine positive Dynamik in ihren Unternehmen zu fördern. Die Teilnehmenden konnten entdecken, wie sie ihre Führung durch Stärkenorientierung transformieren und ihre Mitarbeitenden im Flow-Erleben unterstützen können. Mit diesen wertvollen Erkenntnissen im Gepäck sind die Führungskräfte nun noch besser gerüstet, um ein inspirierendes und motivierendes Arbeitsumfeld zu schaffen.
Kommentare
Salome Schwarz
23.09.2024Tolle vielseitige informative Tagung. Spannend vom ersten bis zum letzten Referat.
Der Vortrag zur Resilienz war mein Highlight.
Die Inseln zum denken und setzten lassen, des gehörten mit der wunderschönen Klaviermusik, sehr stimmig gewählt.
Super leckere Küche
Vielen Dank der Tag war eine Bereicherung.
Eveline Berner
26.09.2024Guten Tag Frau Schwarz
Herzlichen Dank für Ihr positives Feedback. Es freut uns sehr, dass Sie von der diesjährigen Führungstagung profitieren konnten.
Freundliche Grüsse
Eveline Berner
Isabelle Heilig
23.09.2024Wieder einmal eine absolut gelungene und zeitgemässe Weiterbildung.
Ich führe seit Jahren so und konnte trotzdem noch Ideen sammeln. Z. B. Jeder nennt zu allen Teammitgliedern mind. zwei Stärken. Der Mitarbeiter nimmt sich die Stärken, die er findet, das sie am Besten zu ihm passen an die Quali und schaut, ob diese Stärken auch genannt werden.
Eveline Berner
26.09.2024Guten Tag Frau Heilig
Herzlichen Dank für Ihr wertvolles Feedback. Es ist schön zu hören, dass die diesjährige Führungstagung für Sie bereichernd war.
Freundliche Grüsse
Eveline Berner