integrierte Versorgung

Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen ein Schlagwort unserer heutigen Zeit. Aber was ist integrierte Versorgung genau? Im Austausch mit der Luzerner Regierungsrätin Dr. iur. Michaela Tschuor, Vorsteherin des Gesundheits- und Sozialdepartements, wird dieser Frage und den möglichen Konsequenzen für die Pflegenden nachgegangen.

Für chronisch kranke und multimorbide Personen sind neue Modelle erforderlich, um Unter- und Überversorgung zu vermeiden. Integrierte Versorgung ist ein mögliches Konzept (Djalali S. & Rosemann T., 2015).

Integrierte Versorgung – ist das die Zukunft?

Damit integrierte Versorgung gelingt, ist entscheidend, dass verschiedene Berufsgruppen zusammenarbeiten und ein gemeinsames Ziel verfolgen (Martins et al., 2023). Trotz zunehmender Spezialisierung im Gesundheitswesen soll in Zukunft die Vernetzung und die Koordination der Behandlungsschritte gefördert werden, da dadurch die Effizienz, die Sicherheit und die Ergebnisqualität gesteigert werden können (Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren GDK, 2019). Auch der Kanton Luzern hat in seinem Planungsbericht Gesundheitsversorgung die integrierte Versorgung in seiner Vision (Abbildung 1) aufgenommen (Gesundheits- und Sozialdepartement [GSD], 2024).

Was genau meint die Politik eigentlich mit integrierter Versorgung? Die Gesundheits- und Sozialdirektorin des Kantons Luzerns, Dr. iur. Michaela Tschuor, bringt in einem Gespräch Klarheit.

Grafik integrierte Versorgung

Quelle: Gesundheits- und Sozialdepartement (GSD). Planungsbericht über die Gesundheitsversorgung im Kanton Luzern 2024. Entwurf Kantonsratsbeschluss über die Kenntnisnahme. Kanton Luzern.

Integrierte Versorgung als Prozess

Michaela Tschuor versteht integrierte Versorgung als einen Prozess, der sich für alle Beteiligten lohnt. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit soll es vor allem für chronisch kranke Personen möglich werden, (länger) zu Hause zu leben. In den eigenen vier Wänden oder in einem Gesundheitszentrum in der Nähe soll die notwendige Unterstützung stattfinden. Sie meint: «Integrierte Versorgung müssen wir pushen und vorantreiben.» Laut Tschuor wurde in letzter Zeit vor allem im stationären Bereich bereits viel getan. Im Spitex-Bereich gebe es aber noch Nachholbedarf.

Personen im Fallmanagement

«Es braucht Fallmanager:Innen», so Tschuor. Sie sollen entscheiden, ob eine ärztliche Abklärung notwendig ist oder nicht. Nach dem Spital sind sie die Ansprechperson, koordinieren und empfehlen das weitere Vorgehen. Alle Pflegenden, insbesondere jene mit einem Masterabschluss (Advanced Practice Nurses), können ihrer Ansicht nach einen bedeutenden Beitrag dazu leisten. Dies wird auch in anderen Berichten schon seit längerem bestätigt (Bischofberger & Bonsack, 2009; Vincent & Staines, 2019). Um die Ambulantisierung voranzutreiben, meint Michaela Tschuor, sei eine Einigung mit den Krankenversicherern Voraussetzung.

Ideen sammeln, bündeln und Beteiligte vernetzen

Michaela Tschuor pflegt Kontakte zu verschiedenen Personen im Gesundheitswesen. Zusätzlich kann sie sich als Departementsvorsteherin aktiv in Verhandlungen mit Verbänden und Versicherungen einbringen. So entstand die Idee einer gemeinsamen Plattform, der Plattform IGEL, integrierte Gesundheitsversorgung Luzern (Däniken, 2024). Hier sollen innovative Projekte der integrativen Versorgung durch den Kanton gefördert und sichtbar gemacht werden. Durch die Sichtbarkeit wird eine interdisziplinäre und überregionale Vernetzung sowie Adaption möglich. Michaela Tschuor: «Es geht in Richtung Gesundheitszentren und auch um diese Personen, die sich um Menschen kümmern (bewusst keine Patienten, denn eventuell sind es noch keine Patienten). Und dafür suchen wir innovative Modelle.»

Fazit

Nun sind Personen der Pflegewissenschaft gefordert, ihre Projekte zu präsentieren! Mit ihrer Expertise, der langen Tradition der Pflegeplanung, wie sie bereits Nightingale (2021) beschrieben hat, und in Verbindung mit den neusten Erkenntnissen kann und soll die Pflege ihren Beitrag in der Steuerung der integrierten Versorgung leisten.

«Dieses Interview entstand im Rahmen des Studiengangs Master of Science FH in Nursing (MScN) an der Careum Hochschule Gesundheit. Die Aufgabenstellung war, ein Interview mit einer:m Politiker:in zu führen.»



Quellenverzeichnis

Bischofberger, I. & Bonsack, S. (2009). Neue Wege in Bildung und Praxis. Care Management, Nr. 4, 11–12.

Däniken, A. von. (2024, März 16). So will Luzern die Gesundheit der Bevölkerung sicherstellen. Luzerner Zeitung.

Djalali S. & Rosemann T. (2015). Neue Versorgungsmodelle für chronisch Kranke. Hintergründe und Schlüsselelemente. (Obsan Dossier 45). Neuchâtel: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium.

Martins, T., Möckli, N., Zúñiga, F., Meyer-Massetti, C., Fischer, R., Pihet, S., Wächter, M.,Serdaly, C., Monticelli, A., Blatter, C., Renner, A. & Simon, M. (2023). SPOTnat –Spitex Koordination und Qualität – eine nationale Studie. Nationaler Bericht. (1.0). Zenodo.

Nightingale, F. (2021). Bemerkungen zur Krankenpflege: Die „Notes on Nursing“ neu übersetzt von Christoph Schweikardt und Susanne Schulze-Jaschok. Mabuse-Verlag.

Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren GDK (Hrsg.). (2019). Impulse für die Integrierte Versorgung in den Kantonen: Ein Leitfaden. Wälti Druck GmbH.

Gesundheits- und Sozialdepartement (GSD). (2024). Planungsbericht über die Gesundheitsversorgung im Kanton Luzern 2024. Berichtsentwurf für die Vernehmlassung. Kanton Luzern.

Tschuor, M. (2024). Zusammen bewegen wir den Kanton Luzern. Michaela Tschuor. Regierungsrätin.

Vincent, C. & Staines, A. (2019). Verbesserung der Qualität und Patientensicherheit des Schweizerischen Gesundheitswesens. Bern: Bundesamt für Gesundheit.


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