Bewohner Altersheim

Geschichten verbinden: Beziehungen in der Langzeitpflege

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Der Eintritt ins Altersheim ist für viele ältere Menschen und ihre Angehörigen eine Herausforderung. Was brauchen ältere Menschen, um in dieser Lebensphase eine hohe Lebensqualität zu erleben?

Eine ältere Frau liegt zwei Tage lang zu Hause auf dem Boden, bis ihre Tochter sie schliesslich besucht, besorgt über den fehlenden Kontakt. Der Schock sitzt tief. Die Mutter hat einen Schenkelhalsbruch. Nach einer langwierigen, aber erfolgreichen Operation stellt sich die Frage: Was, wenn so etwas wieder passiert und niemand da ist, um zu helfen? Man entscheidet sich für ein Altersheim. Für die ältere Frau beginnt nun ein neuer, letzter Lebensabschnitt.

Weltweit leben die Menschen länger (WHO, 2022). Auch in der Schweiz steigt die Lebenserwartung stetig an. Bereits Mitte der 40er Jahre werden über 25 Prozent der Menschen über 65 Jahre alt sein.
Laut Kuven et al. (2023) steigt mit zunehmendem Lebensalter die Häufigkeit von Erkrankungen an. Dies führt schliesslich zu vermehrter Pflegebedürftigkeit, zu Aufenthalten in Alterszentren.

Cooney et al. (2014) heben die Bedeutung von Verbundenheit für die wahrgenommene Lebensqualität hervor, während Kuven et al. (2023) betont, dass der Hauptkontakt im Pflegeheim die Interaktion zwischen Pflegenden und Bewohnenden darstellt

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass die Art und Weise der zwischenmenschlichen Wahrnehmung einen erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität haben kann.


Was hat dies nun mit dem Teilen von Geschichten und Lebensqualität zu tun?

Heliker (2009) untersuchte in einer Studie, wie eine Story-Sharing-Massnahme dazu beitragen kann, sich zu begegnen, sich besser zu verstehen, Geschichten zu teilen und so die Vertrautheit und Lebensqualität der Bewohnenden zu verbessern.
Diese Methode verhalf den Pflegenden zu einer selbstreflektierten Denkweise, und sie begannen, ihre Handlungen zu hinterfragen. Diese gesteigerte Sensibilität eröffnet neue Perspektiven, um die Lebensqualität in Pflegeheimen zu verbessern.

geteilte Geschichten

Geschichten zusammen erleben. Foto: Depostiphotos.

Und was bedeutet das jetzt für die Pflegenden?

Das Teilen von Geschichten ist laut Heliker (2009) eine wirksame Massnahme, um die Verbundenheit zu stärken, die Beziehung zwischen Pflegenden und Bewohner:Innen zu verbessern. Dieses gegenseitige Erzählen und Zuhören rückt den Fokus auf die Bedürfnisse des Einzelnen und trägt dazu bei, sich besser zu verstehen. Gerade die wechselseitige Betreuungsbeziehung ist essenziell, um die Lebensqualität in Pflegeheimen zu verbessern und den höchsten Standard in der Pflege zu gewährleisten.

Was nehmen wir mit?

● Die Verbundenheit zwischen Pflegenden und Bewohnenden hat einen Einfluss auf die Lebensqualität.
● Zwischenmenschliche Beziehungen sind wichtig für uns Menschen.
● Geschichten zu teilen schafft Vertrauen und führt zu besserem Verständnis für die andere Person.
● Die wechselseitige Beziehungsbetreuung ist von grosser Relevanz für die Lebensqualität.
● Achtsamkeit und Akzeptanz werden trainiert

Sollen wir nun unsere Geschichte erzählen?

Ja! Unbedingt! Erzählen Sie Ihre Geschichte und lassen Sie sich Geschichten erzählen! Die Forschung von Heliker (2009) zeigt, dass Pflegepersonen, die Geschichten mit den betreuten Bewohnern teilen, zahlreiche positive Erfahrungen machen.

Eine typische Antwort der Pflegenden, welche an einem Story-Sharing teilgenommen haben, war: «Meine gesamte Beziehung zu den Bewohnern hat sich durch den Austausch von Geschichten verändert. Je besser man sie kennenlernt, desto besser kann man sie behandeln. Ich kann mich jetzt viel besser auf sie einlassen. Jeder Mensch hat ein bestimmtes Bedürfnis. Eine Person braucht vielleicht mehr liebevolle Pflege. Man kann einfach den Arm um sie legen. Das bedeutet viel. Einfach bei ihnen zu sein» (Heliker, 2009).

Was können wir jetzt tun?

● Wir als Pflegende können und dürfen den Schritt wagen, unsere Geschichte zu erzählen.
● Betriebe sollen sich darauf fokussieren, die Kompetenzen der Pflegekräfte in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu stärken und einen personenzentrierten Ansatz zu verfolgen.
● Wir können achtsamer werden beim Zuhören, Unterstützen oder bei der eigenen Akzeptanz.


*Dieser Beitrag entstand im Kurs «Schreibkompetenz» während des Studiums zum Bachelor of Science FH in Nursing an der Careum Hochschule Gesundheit. Die Teilnehmenden wählten ein Thema, mit dem sie in der Regel in ihrem Berufsalltag in Berührung kommen. Die besten Beiträge wurden ausgewählt und für den Blog überarbeitet.

Quellen:

Cooney, A., Dowling, M., Gannon, M-E., Dempsey, L., Murphy, K. (2014). Exploration of the meaning of connectedness for older people in long-term care in context of their quali ty of life: a review and commentary. International Journal of Older People Nursing, 9 (3), 192-199.

Heliker, D. (2009). Enhancing Relationships in Long-Term Care Through Story. Journal of Gerontological Nursing, 35 (6), 43-49.

Kuven, B-M., Drageset, J., Haugan, G. (2023). Quality of life and nurse–patient interaction among NH residents: Loneliness is detrimental, while nurse–patient interaction is fundamental. Journal of clinical Nursing, 32 (17-18), 6384-6393.

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● Erzählen Sie uns Ihre Geschichte, wie Sie dieses Thema erleben?
● Haben Sie noch weitere Ansätze oder Ideen?

Kommentare

  • Daniela Jucker

    09.01.2025

    Super! Mer gsehts ja bi Eus! Die wo au mal chli vo sich verzelled,händ vill di änger Bindig zu de Bewohner und vor allem au umgekehrt!😊

  • Dario Azzarito

    09.01.2025

    Vielen Dank für den Kommentar und das Teilen Deiner Erfahrung! Es freut mich sehr zu hören, dass bei Euch der Schritt die eigene Geschichte zu erzählen gewagt wird :)