Speak-up

«Speak up»! – Schweigen kann gefährlich sein

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Die «Speak up»-Kommunikation ist eine Massnahme für mehr Patientensicherheit im Gesundheitswesen. «Speak up» bedeutet, Sicherheitsbedenken in einer Situation anzusprechen, die eine Gefahr darstellen. Können mit «Speak up» Fehler vermieden werden?

Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Aber, wenn Menschen zusammenarbeiten, können auch eigene Ideen eingebracht werden, jeder kann seine Meinung äussern und nachfragen.

Das Verhalten, welches die Patientin oder den Patienten einem Risiko aussetzt, ist meist nicht absichtlich. Vielleicht ist der Mitarbeitende nicht mit einer Regel vertraut, hat wichtige Informationen nicht erhalten oder ist nach einer anstrengenden Schicht einfach erschöpft und unkonzentriert (Schwappach et al., 2018).

60–80 % der Pflegefachpersonen haben in vier Wochen mindestens einmal konkrete Sicherheitsbedenken (Befragung von Schwappach und Richard, 2018).

Umso wichtiger ist es, diese meist unbeabsichtigten Fehler mittels «Speak up» anzusprechen. Dies einerseits für die Patientensicherheit, aber auch für die Person, die angesprochen wird. Denn Gesundheitsfachpersonen leiden oft sehr, wenn durch ihr Handeln eine Patientin oder ein Patient zu Schaden kommt (Schwappach et al., 2011).

Was bedeutet «Speak up»?

Speziell in der Medizin ist mit «Speak up» das gezielte und bestimmte Kommunizieren in klinischen Situationen gemeint. Dies erfordert unmittelbares Handeln durch Nachfragen, informieren oder seine Meinung äussern – bis die Situation gelöst ist (Gehring et al., 2016).

Was einfach klingt, ist oft schwierig umzusetzen. Fast jede Person hat bereits eine Situation erlebt, in der die Sicherheit einer Patientin oder eines Patienten gefährdet war und hat dann doch geschwiegen.

Seien dies nicht desinfizierte Hände, vergessene Tupfer in der Operationswunde, unvollständige Operations-Checklisten, falsch dosierte Medikamente oder das Essenstablett, das vertauscht wurde.

Wo Menschen arbeiten, geschehen Fehler. Genau deswegen ist es enorm wichtig, sich für die Patientensicherheit einzusetzen und die Stimme zu erheben.

Durch «Speak up» werden nicht nur Sicherheitsbedenken angesprochen. Es ermöglicht kritisches Hinterfragen bestehender Strukturen, eine offene Fehlerkultur und das Einbringen neuer innovativen Ansätze (Gehring et al., 2016). Es ist ein Weg hin zur offenen Gesprächskultur im interdisziplinären Behandlungsteam für die sichere und ganzheitliche Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Rund 1000 befragte Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegefachpersonen verhinderten durch «Speak up» innerhalb von vier Wochen über 500 potenziell gefährliche Handlungen (Befragung von Schwappach und Richard, 2018)

Ist es so schwierig, die Stimme zu erheben?

Im meist noch stark hierarchisch geprägten Spitalwesen ist eine offene Gesprächskultur, in der das «Speak up» zum Alltag gehört, eine Herausforderung. Die Gründe für das Nicht-Ansprechen sind vielfältig.
Unsicherheiten wie die Angst vor möglichen Folgen oder Sorgen, wie es das Gegenüber aufnehmen wird, sind nur einige der möglichen Gründe des Schweigens (Schwappach et al., 2018). Mitarbeitende, die heikle Situationen beobachten, stecken oft in einem Dilemma. Sie wägen häufig ab zwischen den negativen Auswirkungen, die ein Ansprechen bewirken kann und den Positiven, die eine Patientin oder einen Patienten vor Schaden schützt. Leider wird noch viel zu oft von einem «Speak up» abgesehen (Gehring et al, 2016).

Was unterstützt das Speak up?

Es braucht Vorgesetzte, die als Vorbilder agieren und die eine offene Gesprächskultur vorleben. Förderlich sind auch vorhandene Standards und Richtlinien, auf die man sich stützen kann. «Speak up» setzt eine fundierte Kommunikationskompetenz voraus und braucht viel Training. Deswegen ist es wichtig, ein gemeinsames Verständnis, wie man sich gegenseitig bei Sicherheitsbedenken ansprechen soll, im Team zu etablieren (Gehring et al., 2016).

Gemeinsam für Patientensicherheit

Gemeinsam für mehr Patientensicherheit. Bild: pexels.com

Umsetzung im Spitalalltag

Wie können Pflegefachpersonen eine verbesserte Kommunikation und einen Austausch in ihrem Berufsalltag erreichen? Hier einige Beispiele:

  • Huddles: Gemeinsamer kurzer Austausch über Ereignisse und Probleme. Sie können geplant oder spontan einberufen werden.
  • Vereinbarung: Gemeinsame Vereinbarung, «Speak up» bei der nächsten Gelegenheit anzuwenden.
  • «Speak up» thematisieren: Bestehende Einstellungen rund um das Thema «Speak up» und offenen Gesprächskultur hinterfragen. Zum Beispiel im Rahmen einer Teamsitzung oder eines Teamtimeouts.

«Speak up» – Fehler ansprechen, bei Fehlern reagieren, auf dass wir viele Fehler verhindern und reduzieren können!

*Dieser Beitrag entstand im Kurs «Schreibkompetenz» während des Studiums zum Bachelor of Science FH in Nursing an der Careum Hochschule Gesundheit. Die Teilnehmenden wählten ein Thema, mit dem sie in der Regel in ihrem Berufsalltag in Berührung kommen. Die besten Beiträge wurden ausgewählt und für den Blog überarbeitet.

Literatur

Gehring, K., Schwappach, D. (Hrsg.). Speak Up. Wenn Schweigen gefährlich ist. In: Schriftenreihe Patientensicherheit. Nr. 8.

Schwappach, D. , Haesler, L., Peter, S., Speak Up verbessert die Patientensicherheit. In: Pflegen, palliativ, August 2018.

Richard, A.; Pfeiffer, Y.; Schwappach, D., Development and Psychometric Evaluation of the Speaking Up About Patient Safety Questionnaire, Journal of Patient Safety, August 28, 2017, Abstract.

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  • Wie thematisieren Sie «Speak up» in ihrem Arbeitsalltag?
  • Wie haben Sie solche Situationen erlebt, in der eine Patientin oder ein Patient potenziell gefährdet war?
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