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Lebenslanges Follow-up bei genetischen Erkrankungen

12.07.2022

Mit neuen Erkenntnissen in der Humangenetik und stetigen diagnostischen Entwicklungen steigt die Nachfrage nach Personen mit genetischem Fachwissen. An der Careum Hochschule kann man sich neu in Genetic Care weiterbilden.

In der humangenetischen Forschung geht es darum, die Ursachen vererbter Gendefekte oder genetischer Erkrankungen wie beispielsweise Krebs zu entschlüsseln und erfolgversprechende neue Behandlungsansätze oder Therapien zu finden.

Neu ab November 2022: CAS FH in Genetic Care

Eine wichtige Rolle in der genetischen Beratung und Gesundheitsversorgung spielen Fachpersonen, die auf genetische Fragestellungen spezialisiert sind. Die Careum Hochschule Gesundheit reagiert auf diese Entwicklung und bietet in Kooperation mit der Hirslanden AG ein neues «CAS FH in Genetic Care» an, mit Starttermin im November 2022.

Studiengangsleiterin Marianne Frech erklärt im Gespräch, was neu an diesem Weiterbildungsstudiengang ist, was Genetic Care genau bedeutet und warum es in der genetischen Versorgung mehr interprofessionelle Teams braucht.

Die Careum Hochschule Gesundheit betritt mit diesem CAS Neuland. Warum?

Marianne Frech: «Die Ausgangslage ergab sich durch das geltende Humangenetik-Gesetz. Für jeden durchgeführten genetischen Test muss vorgängig und im Nachgang ein Beratungsgespräch mit den betroffenen Patient:innen stattfinden. Diese Beratung wird in der Schweiz bis jetzt durch medizinische Genetiker:innen durchgeführt. Es gibt kaum interprofessionelle Teams, in denen zum Beispiel Pflegefachpersonen mit Masterabschluss, Psycholog:innen oder Personen aus der Sozialarbeit mitarbeiten. In anderen Ländern existiert das Berufsfeld des ‹Genetic Counselors› und der ‹Genetic Nurse› seit vielen Jahren und sie arbeiten eng zusammen.»

Und in der Schweiz gibt es diesen Berufszweig nicht?

«In der Schweiz existiert dieses Berufsprofil in dieser Ausprägung noch nicht und es gibt auch noch keine Ausbildung dafür. Wer eine solche Funktion ausüben möchte, muss im Ausland studieren. Praxisinstitutionen, die mit uns zusammenarbeiten, äusserten deshalb das Bedürfnis, dass wir als Hochschule eine Weiterbildung anbieten. So entstand die Idee, den Fokus der genetischen Beratung auf Interprofessionalität und lebenslange Versorgung zu legen. In Kooperation mit der Hirslanden Gruppe können wir nun im November erstmals das ‹CAS FH in Genetic Care› anbieten. Unser Studiengang ist also keine Ausbildung für ‹Genetic Counselors›, sondern eine Spezialisierung für interprofessionelle Teams in ‹Genetic Care›.»

CAS FH in Genetic Care

Aufbau: Das CAS besteht aus zwei Modulen: ein Basismodul und ein Advanced Modul. Die Module werden konsekutiv besucht, zuerst das Basismodul und dann das Advanced Modul. Das Basismodul ist auch einzeln buchbar.
Was ist speziell: Das Basismodul findet online statt, Unterrichtssprache ist Englisch.
Anytime, anywhere: Das Basismodul findet zeit- und ortsunabhängig statt. Das heisst: im eigenen Tempo, zu jeder Uhrzeit und von überall dort, wo man sich auf der Welt gerade befindet, z. B. über Lernvideos, Online-Lerneinheiten oder Gruppenarbeiten.
Mehr erfahren: CAS FH in Genetic Care

Eine Kooperation von:

CAS Genetice Care: eine Kooperation von Careum Hochschule Gesundheit und Hirslanden

Was muss ich mir genau unter «Genetic Care» vorstellen?

«Stellen Sie sich vor, in einer Familie gibt es genetische Erkrankungen oder familiäre gesundheitliche Risikofaktoren. Eine Frau hat beispielsweise Brustkrebs: In der genetischen Beratung wird im Rahmen der Tests auch die familiäre Situation angeschaut, zum Beispiel, ob die Frau Kinder und/oder Geschwister hat. Damit diese Verwandten nicht durch die Maschen fallen, sondern ebenfalls beraten und getestet werden könnten, falls es sich um erblich bedingten Brustkrebs handelt. Oder wenn Personen wegen einer genetischen Erkrankung Fragen oder Ängste haben, sobald Familienplanung zum Thema wird. Ein anderes Beispiel sind genetische Störungen, die lebenslange Follow-ups benötigen. Also nicht eine einmalige Beratung, sondern eine Gesundheitsversorgung im Sinne von ‹lifelong genetic care›.»

Gespräch Fachperson mit Patientin

Genetic Care hat immer auch die gesamte familiäre Situation von Patient:innen im Auge. Bild: monkeybusiness/Depositphotos

Zurück zum Basismodul: Findet wirklich alles rein online statt?

«Die Lerneinheiten sind so aufbereitet, dass sie orts- und zeitunabhängig abgerufen werden können. Zum Beispiel in der Nachtschicht, wenn es ruhig ist, was erfahrungsgemäss aber meist nicht der Fall ist. Oder für Personen mit Familienverpflichtungen: Sie können sich Lerneinheiten oder Lernvideos zu Hause und zum Zeitpunkt ihrer Wahl anschauen. Was wir aber nach zwei Jahren Pandemie gelernt haben: Reiner Online-Unterricht funktioniert nicht! Die Module sind nicht so aufgebaut, dass man acht Stunden online sein muss. Es braucht kleine Einheiten. Vor allem aber braucht es ein individuelles Coaching sowie Gruppen-Coaching. Auch im Basismodul gibt es deshalb Termine, an denen wir uns virtuell treffen und austauschen.»

Welche Voraussetzungen braucht es, um zugelassen zu werden?

«Das CAS richtet sich an Ärzt:innen, Pflegefachpersonen, Psycholog:innen, Sozialarbeiter:innen und andere Gesundheitsfachpersonen mit einem Masterabschluss. Oder aber an Gesundheitsfachpersonen mit Bachelorabschluss, die gewisse Vorbedingungen erfüllen, wie eine Tätigkeit im genetischen Beratungsbereich, die gute Englischkenntnisse mitbringen und auch Erfahrung mit wissenschaftlichem Arbeiten haben. Das Basismodul alleine können auch Personen aus reinem Interesse an der genetischen Versorgung besuchen, zum Beispiel Masterstudierende, die bereits Pflegeexpert:innen sind, aber ein Upskilling benötigen.»

Was bringt das CAS für die berufliche Praxis?

«Unser Fokus liegt darauf, dass es wirklich eine qualitative Verbesserung gibt in der Versorgung von Patienten:innen mit genetischen und genomischen Störungen. Es wird sowohl Basiswissen wie auch Aufbauwissen vermittelt im Zusammenhang mit diesen Erkrankungen. Auf diese Weise möchten wir eine evidenzbasierte Versorgung gewährleisten. Zum Beispiel lernen die Studierenden, einen 3-Generationen-Stammbaum zu erfassen. In Laborarbeiten entwickeln sie ein Verständnis für die Analysetechniken. Ein Thema ist auch, wie man sich in interprofessionellen Teams gut integrieren und organisieren kann. Zum Beispiel, welche Verantwortung eine medizinische Genetiker:in einer Fachperson mit einem CAS in Genetic Care übertragen kann.»

Marianne Frech

Marianne Frech leitet seit 2019 den Masterstudiengang in Pflegewissenschaft an der Careum Hochschule Gesundheit. Sie hat am Departement für Pflegewissenschaft der Soziologischen Fakultät an der Universität in Wien zum Thema «Defining Support for Young Carers in Switzerland» promoviert. Bild: Careum

Machen Sie bitte den Satz fertig: Innovativ an dieser neuen Weiterbildung ist meiner Meinung nach...

«Innovativ ist der Ansatz von Genetic Care (im Gegensatz zu Genetic Counselling), weil wir sagen: ‹Patienten:innen mit genetischen Erkrankungen benötigen eine lebenslange Versorgung und Unterstützung in der Schweiz.› Deshalb brauchen wir interprofessionelle Teams, um die Versorgungsqualität zu verbessern. Und: Wir möchten unser angesammeltes Wissen im Bereich Online und Blended Learning zum Nutzen unserer Studierenden einsetzen, weil sie damit flexibel und berufsbegleitend Skills erwerben können.»

Was liegt Ihnen besonders am Herzen, das Sie den Studierenden weitergeben wollen?

«Ich bin überzeugt: Wenn wir unseren Patient:innen und Angehörigen einen Mehrwert in der Versorgungsqualität bieten wollen, dann geht das nur im interprofessionellen Team, das eine lebenslange Versorgung gewährleisten kann. Indem also Gesundheitsfachpersonen, Ärzt:innen oder Psycholog:innen zusammenarbeiten und auf diese Weise den betroffenen Familien zeigen können: Unser Gesundheitssystem hat so viel mehr zu bieten!»

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